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Olbers an Gauss. Bremen, 1836 April 7.
gehalten. Am 28. März, wie der Wind auf 24 Stunden östlich ge
worden war, wollte es segeln; allein bei dem Auslegen aus dem Hafen
gerieth der Copernicus, ich möchte sagen, glücklicher Weise fest; er
konnte erst wieder bei vollkommener Fluthöhe loskommen, und da hatte
sich der Wind wieder gedreht. Kapitän Harmes rühmt die thätige
Hülfe, die die 4 an Bord befindlichen Passagiere seiner Schiffs-Mann
schaft bei dieser Gelegenheit geleistet haben. Gleich darauf kam
wieder ein heftiger anhaltender Sturm aus Südwesten, der vielleicht
das Schiff, wenn es in See gekommen wäre, bis nach Norwegen hätte
verschlagen können. Der Copernicus legte sich wieder in den sicheren
Hafen und hat nun vorgestern den günstigen Wind und das schöne
Wetter benutzt. Da der Ostwind noch den ganzen gestrigen Tag fort
gedauert hat, so hoffe ich, dass schon ein gutes Stück Weges zurück
gelegt ist.
Dass Ihr Hr. Sohn mit einer überflüssigen Menge von Empfehlungs-
Schreiben versehen worden ist, die er schwerlich alle benutzen wird
und benutzen kann, werden Sie von ihm selbst wissen. Ueberhaupt
hat der wackere junge Mann hier allgemein sehr gefallen, so dass
jeder, der ihn kannte und kennen lernte, ihm gern behülflich sein
wollte.
Was Sie mir über die magnetischen Observationen mittheilen, hat
meine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch genommen, und ich sehe
vollkommen ein, wie äusserst wünschenswerth es ist, dass sich diese
Beobb. immer mehr über einen grösseren Theil unserer Erdkugel ver
breiten. Dass es gerade in Berlin 1 ) nicht vorwärts will, hat mich
sehr gewundert. Sind denn Humboldt, Encke, die beiden Ermans,
Mädler u. s. w. so kalt bei dieser wichtigen Angelegenheit?
Auch befremdet es mich, dass Kupfer in Petersburg, der doch
ein magnetisches Observatorium, ganz ohne Eisen gebaut, benutzen
kann, sich Ihrem Vereine, wenigstens so viel ich weiss, bisher nicht
thätig angeschlossen hat. Wird in Norwegen noch gleichzeitig mit
Ihnen beobachtet?
W ie sehr wünschte ich, dass der auch von mir sehr verehrte Hr.
Prof. Weber Ihre Idee, in Göttingen ein allgemeines physikalisches
Journal zu begründen, in Ausführung brächte. Poggendorff’s Annalen
sind grössten Theils der Chemie gewidmet. Göttingen bietet gewiss
eine vorzügliche Gelegenheit dar, eine solche Zeitschrift recht inter
essant zu machen. Ausser dem hohen Werth, den ihr die Aufsätze der
b Nach Brief No. 23 vom 30. Juli 1836 im Briefwechsel Humboldt-Gauss wurde
in Berlin nach dem Abbruch von Humboldt’s magnetischem Häuschen in der neuen
Sternwarte, jedoch noch nicht mit GAuss’schen Apparaten beobachtet. Krm.