Olbers an Gauss. Bremen, 1837 Juli 13.
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Magnetischen Vereins durchgelesen; aber ein eigentliches Studium der
selben behalte ich mir noch vor. Ich kann Ihre Furcht, dass das Unter
nehmen keinen hinreichenden Absatz finden werde, durchaus nicht
theilen. Welcher Physiker kann dieses Werk entbehren und muss und
wird sich nicht dafür interessiren? So interessant das .jetzige Stück
auch ist, so versprechen die künftigen bei grösserer Ausdehnung des
Vereins, vielleicht selbst bis jenseits des Aequators, doch noch immer
interessanter zu werden. Und wie viel ist noch zu erforschen! Wie
weit wird sich der so auffallende Parallelismus der augenblicklichen
Veränderungen erstrecken. Da die Erde, wie es scheint, zwei Nord
pole und zwei Südpole der magnetischen Kraft hat, so muss doch wohl
dieser Parallelismus seine Grenzen haben? — Nun man, dank Ihrer
grossen Erfindung, die Beobb. in einer so grossen Schärfe machen kann,
Hesse sich nicht auch untersuchen, ob die Stellung des Mondes gar
keinen, auch nur sehr kleinen Einfluss auf die Magnetnadel habe? —•
Dass ich Ihren geliebten Hrn. Sohn, meinen lieben Pathen, mit
seiner jungen Frau im Sept. hier sehen werde, freut mich ungemein.
Weil aber gerade in diesen Monat das Jubiläum von Göttingen fällt,
so habe ich wohl keine Hoffnung, dass Sie, mein theurer Freund, das
junge Ehepaar bis Bremen begleiten werden, und ich so das Glück
hätte, Sie vor meinem Abschiede aus dieser Welt noch einmal zu um
armen? Ich selbst verstehe zwar nichts von amerikanischen Geld
sachen, aber mein Schwiegersohn wird gern darüber alle möglichen
Erkundigungen einziehen und die Absichten Ihres Hrn. Sohnes, so viel
er nur irgend kann, zu befördern suchen.
Mit dem Schiffe Olbers werden die lieben Auswanderer aber ihre
Ueberfahrt nicht machen können. Diese so schön gebaute Fregatte,
die bisher alle ihre Reisen so glücklich machte, war auch diesmal auf
der Fahrt nach New York schon bis in die Nähe der Bänke von Neu
fundland gekommen, als sie von einem wüthigen, 3 ganze Tage dauernden
Orkan befallen wurde, der das Schiff so zurücktrieb und beschädigte,
dass der Kapitän alle Mühe [hatte], das ganz leck gewordene Schiff
in den Hafen Cork von Irland zu bringen. Das Fahrzeug, ein wahres
Wrack, wird höchst wahrscheinlich als keiner Reparatur mehr fähig
oder werth kondemnirt werden. Glücklicher Weise ist keiner der
Matrosen oder der 60 Passagiere beschädigt, und Cargo, Fracht und
Passage-Gelder sind versichert.
Ich glaube es gern, dass Ihnen die Darstellung der Normal-Maasse
und Gewichte viele Mühe und Zeit gekostet hat und noch kosten wird.
Aber Ihr Scharfsinn hat bei der Gelegenheit doch wieder neue Ent
deckungen gemacht. Es ist doch nichts, lieber Gauss, was Sie anfassen,
ohne ihm eine neue und vollkommenere Einrichtung zu geben.