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Gauss an Olbers. Göttingen, 1837 September 2.
dass man viel mehr erreichen kann, als bis jetzt erreicht ist. Das ist
aber etwas, worauf ich mich nicht einlassen kann. Bei den Instru-
mental-Hülfsmitteln für die beiden Elemente des horizontalen Theils
konnten geistige Mittel ausreichen, d. i. durch eine gehörige Einrich
tung konnte man Apparate zur Erreichung der höchsten Genauig
keit darstellen,* die eigentlich keine übermässig feine mechanische Ar
beit erfordern, und mit geringen Kosten angefertigt werden können.
Der neue Apparat kommt nicht auf 50 Rtlilr., natürlich alles schon Vor
handene, was dabei gebraucht wird, ungerechnet, namentlich Uhr, Theo-
dolitli und Magnetstab. Dagegen sind bei allem, wobei der vertikale
Theil der magnetischen Kraft auf irgend eine Art mit ins Spiel kommt,
sei es als Inklination oder anders, sehr fein, sehr vollkommen ausge
arbeitete, also auch am Ende kostbare Instrumente unentbehrlich, uner
lässlich und können durch nichts anderes ersetzt werden. Ein Inklina
tionsapparat von der gewöhnlichen Einrichtung, der nur so weit be
friedigen soll, als wir jetzt wirklich sind, also wobei man noch weit,
sehr weit zurück ist gegen das, was man wünschen muss, kostet schon
mehr, als ich in einem oder zwei Jahren für Sternwarte und magneti
sche Anlagen zusammen zu verausgaben habe.
Ich habe schon längst die Meinung gehabt und geäussert, dass die
CAVENDisH’schen Versuche über die Attraktion von Bleikugeln ihre Be
rühmtheit nicht sonderlich verdienen, und dass man diese Versuche viel
besser machen könnte. Ich sehe jetzt aus den Zeitungen, dass die Ver
suche in England wiederholt werden sollen, und dass der Schatz dazu
eine „Beihülfe“ von 500 Pfund St. ausgezahlt hat. Hoffentlich werden
diejenigen, die die Ausführung machen, nun etwas Besseres liefern.
Wenn man aber die Summen, die in England — oder auch in Russ
land, wie das Beispiel von Jacobi zeigt — auf einzelne Versuche ver
wandt werden können mit den jämmerlich mesquinen Mitteln ver
gleicht, womit bei uns zu Lande der ganze Haushalt besorgt werden
muss, so verliert man freilich ziemlich die Lust, sich mit experimen
teller Naturforschung zu beschäftigen.
Ueber die Aufnahme unserer „Resultate“ im Publikum scheint doch
meine eigene Ahnung richtiger zu sein als Ihre Prophezeiung. A la
bonne lieure! Ich habe das meinige gethan, und wenn das Publikum
dergleichen nicht goutirt, so wissen wir aufzuhören.
Für das Göttinger Jubiläum wird noch von allen Seiten gerüstet;
eine Sündfluth von A ersen ist schon ausgebrochen. Ich erwarte hier
Hrn. Gekling zum Besuche. Humboldt wird auch herkommen; möchte
er nur seine Anwesenheit etwas über das Jubiläum hinaus ausdehnen,
da während desselben und vorher so viel Zerstreuendes ist, dass ich
ihn wenig würde geniessen können.