Gauss an Olbers. Göttingen, 1888 Juli 15.
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Ausser Dublin und Greenwich, wohin Meierstein Apparate geliefert
hat, wird auch in Cambridge ein Etablissement wahrscheinlich ent
stehen. Nach Kremsmünster ist kürzlich ein Apparat geschickt. Ebenso
an Gaimard nach Hammerfest für die Skandinavische Expedition der
Franzosen Der Apparat für Bache nach Philadelphia geht nächstens ab..
Soweit ist also alles recht gut. Doch fürchte ich jetzt den baldigen
Tod des Ganzen. Ohne Weber’s bleibende Anwesenheit in Güttingen
ist an ein Fortbestehen gar nicht zu denken. Das Fortbestehen ist
an das Fortgehen der Publikation der „Resultate“ geknüpft, und von
der Herausgabe hat Weber den grössten und beschwerlichsten Theil
allein besorgt. Ich selbst kann so etwas gar nicht auf mich nehmen.
Weber kann wieder eingesetzt 1 ) werden, wenn er sich dazu versteht,
gewisse Erklärungen abzugeben, die er schwerlich so abgeben wird;
wenigstens ich selbst würde es nicht thun. Aber auch ohne Wieder
einsetzung in seine Stelle, die, da für unsere Institute so wenig ge
schieht, an sich eben nichts Anlockendes hat, würde ihn seine Anhänglich
keit an mich selbst Jahre lang in Göttingen festhalten, wenn seine
Subsistenz auf eine würdige, seine Delikatesse nicht verletzende Art
gesichert werden könnte. Aber wie lange wird dies dauern? Bei
diesen trüben Aussichten ist dann ein zweites Hinderniss schon gleich
gültiger zu betrachten, nämlich dass gegen Ihre Erwartung, aber über
einstimmend mit meiner Besorgniss, die Anzahl der Käufer der Resultate
beim ersten Jahrgange so sehr klein gewesen ist, dass der Verleger
einen haaren Verlust von ca. 300 Rthlr. gehabt hat, so dass er schwer
lich sich zur Uebernahme eines 3. Jahrganges entschlossen wird.
Trariseat cum ceteris\ Für meine noch übrigen Lebensjahre finde ich
Stoff genug auch zu anderweitigen Beschäftigungen.
Zu dem vielen Ungemach, welches mich seit 7 Monaten so reich
lich getroffen hat, ist in der letzten Zeit noch eine rein persönliche
Angst gekommen, die nämlich, taub zu werden. Schon oft habe ich
bald auf einem, bald auf beiden Ohren sclrwer gehört, was aber immer
nach einigen Tagen sich wieder verloren hat, und zwar jedes Mal nicht
allmählig, sondern auf einmal. Ein Arzt, mit dem ich öfters davon ge
sprochen, wollte meine auf den letzten Umstand gegründete Meinung,
dass die Ursache nur eine lokale sei, nicht gelten lassen, sondern meinte,
es sei eine allgemeine Affektion des Nervensystems. Sein Widerspruch
überzeugt mich jedoch nicht.
Seit 3 Wochen habe ich mich nun wieder mit diesem Uebel herum
geschlagen, zuweilen auf einem, zuweilen auf beiden Ohren taub. Ich
9 Vergl. hierzu Brief No. 28 vom 9. Juni 1838 im Briefwechsel Humboldt-
Gaüss. Krm.