Bessel an Olbers. Königsberg, 1812 März 7.
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Aufmerksamkeit gegen mich, die ich mir aus dem Briefe herausdeute.
Ueber wissenschaftliche Sachen schreibt er mir nur, dass die Ungleich
heit von langer Periode im Mondlaufe, die er früher andeutete, und
die Bürg benutzte, vielleicht von einer Verschiedenheit in der Figur
der beiden Hemisphären der Erde herrühre. Alsdann ist die Kor
rektion der Epochen in Bürg’s Tafel
+ 0", 1906 {t — 1756}— 13",92 cos (Long Perig. D -{- 2 Long. Nodi}
Die Analyse dieser Gleichung ist leicht; allein man kann leider nicht
wissen, welche von den dreien, die die Theorie giebt, die existirende
ist. La Place will Bürg veranlassen, die Sache, nachdem mein Funda
mentalkatalog vorhanden ist, zu untersuchen.
Von Kramp habe ich, nach langem Warten, einen völlig ein
willigenden Brief empfangen. Er giebt mir alles zu, hat selbst über
diese Materie ein Memoire geschrieben, und so meine Bemerkungen
bekannt zu machen gesucht. Er schreibt mir, dass die Akademie von
Strassburg mich zum korrespondirenden Mitgliede erwählt habe, und
ladet mich ein, in ihren Mémoires zuweilen etwas drucken zu lassen.
Hätte ich diesen Ausgang der Sache früher gewusst, so würde ich meine
Abhandlung über die Fakultäten lieber nach Strassburg gesandt, als
sie fürs Archiv bestimmt haben; jetzt war es zu spät, und ich habe
mich mit der Mittheilung eines Auszuges begnügen müssen. — Es ist
doch tröstend für die Mathematiker und Astronomen, dass in ihrer
Wissenschaft noch die alte Wahrheitsliebe herrscht; welcher andere
Zweig der Gelehrsamkeit hat ein Beispiel aufzuweisen, dass ein 15 Jahr
lang mit Wärme vertheidigter Irrthum auf gegeben wird, ohne dass ein
bitterer Nachgeschmack zurückbleibt? — Kramp hat mir den bis jetzt
erschienenen ersten Band der Strassburger Mémoires, der, wie er schreibt,
sich durch prächtigen Druck und Papier auszeichnen soll, und auch
6 Exemplare von der Arithmétique universelle, zugesandt; ich habe
die Veranstaltung getroffen, dass das Packet in Leipzig angehalten
wird, indem Kramp’s Arithmétique in Deutschland noch unbekannt ist,
und ich durch die Mittheilung dieses Werks vielleicht einem meiner
Freunde einen kleinen Dienst leisten kann. Scheint Ihnen der Umweg
nicht zu gross zu sein, so befehlen Sie über ein Exemplar; so bald ich
die Ankunft in Leipzig erfahre, werde ich es Ihnen alsdann zusenden
lassen.
Nun noch eine Erscheinung am Himmel, die Sie zwar schon kennen,
die ich Ihnen aber wieder ins Gedächtniss zurückrufe, und von der ich
desto lieber eine Erklärung sehen möchte, da meine eigenen Unter
suchungen darüber (die ich vor einigen Wochen wieder vorgenommen
und mit Berücksichtigung aller Umstände, die ich nur irgend als Ein