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Amplitude. Für die Sonne liegen nämlich der Ost- und
Westpunkt bei dem Auf- oder Untergange (ausgenommen auf
hohen Breiten) immer näher als der Nord- oder Südpunkt und
daher hat die kleinere Zahl den Vorzug erhalten.
Wird die wahre Amplitude mit a bezeichnet, so giebt das
rechtwinklige sphärische Dreieck sogleich mittelst der Polhöhe <f>
und der Declination 0' die Formel
sin a — sin ff sec d.
Um aber hei der Amplitudenpeilung den richtigen Augen
blick zu treffen, nämlich wo das Gestirn sich im wahren Hori
zont befindet, ist die Refraction und die Kimmtiefe zu berück
sichtigen. Für die Sonne z. B. würde hei einer Höhe des untern
Randes von 20 Minuten die scheinbare Höhe des Mittelpunktes
36 Minuten sein (den Halbmesser zu 16' gerechnet), und wenn
man für die Refraction und Kimmtiefe zusammen ebensoviel
setzen kann, so wird dieser Betrag abgezogen die wahre Höhe
auf Null bringen, also der richtige Zeitpunkt für die Peilung
gewählt sein. Genauer wird das Resultat durch wirkliche Ob-
servirung der Höhe bestimmt, dann aber fällt das rechtwinklige
Dreieck weg und die Berechnung ist wieder durch die Azimuth-
formel (§ 34) zu erledigen.
Kommt die Veränderung des Observationsörtes nicht in
Betracht, und ist auch die Aenderung der Sonnendeclination zu
vernachlässigen, so wird aus einer observirten magnetischen
Morgen- und Abend-Amplitude schon die halbe Differenz der
beiden von Norden gezählten Peilungen die gesuchte Misswei
sung, (oder deren halbe Summe im Falle beide Bogen auf einer
und derselben Seite vom Norden liegen, z. B. beide nach Osten)-
Die Benennung der Missweisung stimmt dabei immer mit der
jenigen Seite überein, auf welcher der grössere Bogen liegt.
Das Verfahren der Amplitudenmessung kann sehr un
sicher auf hohen Breiten werden, wo die tägliche Bewegung der
Gestirne beinahe parallel mit dem Horizonte läuft, dagegen um
so sicherer auf niedrigen Breiten, wo die Gestirne nahe senkrecht
zum Horizonte auf- und untergehen.