Full text: Vorlesungen über nautische Astronomie

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X. Kapitel. 
Berechnung der Zeiten von Fluth und Ebbe. 
§ 36. Allgemeine Beschreibung der Erscheinungen 
von Fluth und Ebbe. 
1) Das Meer wird täglich von einer regelmässig wieder 
kehrenden Fluthwelle gehoben und gesenkt, welche mit grosser 
Geschwindigkeit, aber nur sehr geringer horizontaler Strömung 
sich im Allgemeinen westlich und besonders nordwestlich ge 
richtet fortpflanzt. Die Geschwindigkeit dieser Undulation ist 
sehr verschieden, aber beispielsweise so, dass die Fluthwelle in 
12 Stunden vom Cap der guten Hoffnung bis zum Cap Blanco 
gelangt. Die grösste Geschwindigkeit scheint im stillen Meere 
oder dem grossen Ocean vorzukommen, wo nach der Karte von 
Whewell sich die Fluthwelle in einer Stunde um 20 Grade oder 
300 geogr. Meilen fortpflanzt, während sie in andern Theilen 
desselben Oceans freilich viel langsamer ist. 
Auf hohen Breiten ist die Fluth sehr schwach und ge 
wöhnlich über den 65sten Breitengrad hinaus kaum merklich, 
doch kommen auch hier Ausnahmen vor. Je weiter die Wolle 
sich ausdehnen kann und je tiefer das Wasser ist, desto schneller 
ist im Allgemeinen ihre Bewegung. Enge Eingänge, wie die 
Strasse von Gibraltar, vermögen die Fluthwelle hei der Unter 
brechung derselben durch die anliegende continental Küste nur 
sehr abgeschwächt weiter zu fördern. Weite Mündungen, wie 
die des Amazonenstroms begünstigen die Fortsetzung der Fluth-
	        
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