Full text: Eis, ein Weltenbaustoff ([Hauptwerk])

I. Eiszeit und Mondauflösung. 
Die ältere Geologie lehrte auf Grund der von ihr für untrüglich 
gehaltenen Zeichen aus dem Stammbuch der Erde, daß diese bereits 
von drei, vielleicht sogar vier Eiszeiten heimgesucht worden sei. 
Die neuere Geologie nimmt nur eine Eiszeit an, welche sehr 
lange gedauert und verschiedene Zwischenzeiträume gehabt habe, 
in denen es auf der Erde vorübergehend wärmer und dann wieder 
kälter geworden sei; der Wechsel habe sich einige Male wiederholt, 
bis die Störungsursache nicht mehr vorhanden war. Dann sei 
das Diluvium eingetreten, in welchem sich alles langsam wieder 
zu normalen Verhältnissen entwickelt habe. Der Kampf der 
Meinungen über diese wichtige Frage ist noch längst nicht 
abgeschlossen; ja es scheint, als ob sich in neuerer Zeit eine 
Anzahl Geologen wieder der alten Auffassung zuwenden wolle, 
nach der es mehrere voneinander unabhängige Liszeitperioden 
gegeben habe. Ls wäre wohl nur folgerichtig, wenn zur Lösung 
dieser Frage die Astrophysiker mit den Geologen zusammenar 
beiteten und auch die Meteorologen heranzögen, um zu einem 
guten Resultat zu gelangen.' Das geschieht aber merkwürdiger 
weise bis jetzt nicht. Im Gegenteil arbeiten die drei Wissensge 
biete statt mit einander höchstenfalls neben einander. 
Von den vielen Erklärungsversuchen der Eiszeit wollen wir 
nur die bekanntesten stichwortweise kennenlernen: Reibisch und 
Simrock suchen den Grund für die Vergletscherung weiter Ge 
biete der Erde in einer Veränderung der Stellung der Erdachse; 
die Lage der Pole habe in weiten Grenzen geschwankt, wodurch 
immer andere Teile der Erdoberfläche vorübergehend zu polar 
gebieten geworden seien. Als Ursache für diese Verschiebung 
wird die Gleichgewichtsstörung der Erdkugel durch geänderte 
Verteilung des Wassers angegeben. Hätte der Ingenieur Reibisch 
sich die tatsächlichen Verhältnisse klargemacht und besonders 
den äußerst geringen Wasservorrat der Erde in seine Rechnung 
eingestellt, dann wäre ihm wohl selbst die Unmöglichkeit dieser 
Erklärung und damit auch der weiteren Schlüsse, mit denen
	        
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