Full text: Eis, ein Weltenbaustoff ([Hauptwerk])

gebiete an sich rissen, so daß es ratsam schien, die Wohnsitze zu 
verlegen. So zogen sich die in niedrigen Breiten wohnenden 
vor dem von Westen heranrückenden Flutberg nach Osten zurück, 
während die Bewohner nördlicherer Gegenden dem sich heran 
schiebenden Eise in südlicher Richtung auswichen. Auf der süd 
lichen halbkugel erfolgte die Bewegung natürlich in entgegen 
gesetztem Sinne, denn das Eis rückte von beiden Seiten zum 
Äquator vor. Als aber erst die Ebenen unbewohnbar wurden, 
mußten die Gebirge erstiegen werden. Doch auch die meisten dieser 
Zufluchtsstätten erwiesen sich als unsicher, und nachdem die Zeit der 
stationären Hochflut (Mondstellung V in Abb. lauf Tafel VII) über 
schritten war und die Flutbergesich wieder weiter in östlicher Richtung 
in Bewegung setzten, nachdem sogar das Wasser von neuem zur 
Gürtelhochflut zusammenfloß, gab es kaum noch Stellen auf derErde, 
nach denen die Flüchtlinge hinstreben konnten, wenn wir jedoch 
im Auge behalten, daß sich sowohl das heranrücken des Wassers 
als des Eises in Zeiträumen vollzog, die nach Jahrtausenden 
bemessen werden müssen, so können wir uns vorstellen, daß die 
die schlimmen Zeiten überdauernden Geschlechter sehr wohl in 
der Lage waren, sich den verschiedensten Lebensbedingungen anzu 
passen, während die Tierwelt, besonders die großen Pflanzen 
fresser durch Nahrungsmangel zu Grunde gehen mußten, wir 
betrachten mit Staunen die in den Museen befindlichen Reste 
dieser Riesentiere, mit Bäuchen wie große Fässer und Köpfen, die 
nur ein Vogelhirn aufnehmen konnten, und wir sagen uns, daß 
solche Wesen wohl ein unglaubliches Nahrungsbedürfnis, aber 
nicht die Fähigkeit haben konnten, sich schwierigeren Daseins 
bedingungen anzupassen. Der Mensch aber gewöhnte sich an 
vieles. Den Fluten vermochte er immer noch auszuweichen, und 
wenn auch große Mengen seiner Genossen im Wasser umkamen 
und andere von den Trümmern zusammenbrechender Gebirgs 
grate erschlagen wurden — denn auch die feste Erdrinde war, wie 
wir wissen, unter der Einwirkung des Mondes in ständig schwan 
kender Bewegung und auch vulkanischen Erschütterungen ausge 
setzt —, so fanden die ausdauerndsten und begabtesten Individuen 
doch immer noch ein Asyl, in dem sie dem Graus entgehen 
konnten, welches sie allerdings oft mit schon vorher geflüchteten 
Tieren teilen oder gegen das Andringen anderer verteidigen mußten.
	        
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