IX
Nach einer andern Richtung betrachtet, finden wir bei
den der Selbstgährung fähigen zuckerhaltigen Flüssigkeiten
einmal die Gegenwart von Wein stein säure, Citronen-
säure, Äpfelsäure (in den Obst- und Beerensäften), das an
dere Mal die der M i l ch sä u r e (in den Würzen und Meischen
der Bierbrauer und Branntweinbrenner). Man kann dem
nach wohl sagen: der Wein sei ein unter dem Einflüsse
der Weinsteinsäure rc., das Bier ein unter dem
Einflüsse der Milchsäure erzeugtes alkoholhaltiges Ge
tränk. Ebenso muß der aus beiderlei Flüssigkeiten gewonnene
Branntwein in Bezug auf seine Nebenbestandtheile, namentlich
auf das Fuselöl, etwas Eigenthümliches besitzen, was die Er
fahrung auch beweis't.
Welche Folgerungen diese Betrachtungsweise sowohl in
Bezug auf die vorgebenden Processe, als auf die dadurch er
zeugten gegohrenen Flüssigkeiten besonders bei ihrem
Gebrauche als Genußmittel gestattet, und in wel
cher Richtung darnach dießfällige Versuche zur nähern Er
kenntniß dieser Verschiedenheiten vorzunehmen wären, wollen
wir vorläufig der Einsicht erfahrener Fachgelehrter über
lassen.
Unbegreiflicherweise besteht bei den Branntweinbrennern
und zum Theil auch bei den Bierbrauern noch viel Irrglauben
in Bezug auf Zusätze, die, wenn auch in der kleinsten Menge
angewendet, nach ihrer Meinung doch unglaubliche Wirkun
gen hervorbringen sollen (?), und sie achten Verbesserungen
nicht, die den Gewinn des Gewerbsbetriebes nur zum Theil
und nicht sogleich um das Mehrfache zu steigern vermögen.
Es war eine Zeit, wo man dieß noch konnte; gegenwärtig
ist es aber selten mehr der Fall, weil diese Gewerbe, schon
theilweise vorgeschritten, zwar noch mehrfacher Verbesserungen
fähig, dieselben aber nicht mehr in so hohem Grade ausgiebig
sind. Das Letztere ist Ursache, daß sie langsamer angenom
men werden; sie werden sich aber jedenfalls allgemein die
Bahn brechen, wenn sie auch Seitens der Gewerbsleiter
mehr Mühe und Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen, wozu
man sich endlich doch auch bequemen wird; denn bei der stets
steigenden Concurrenz im Absätze der Gewerbsproducte muß
endlich jede, auch die kleinste Verbesserung, die eine Ersparniß
bedingt, willkommen sein, sobald der Gewerbsbetrieb nur
allein an den technischen Fortschritt gewiesen ist.