Full text: Die Branntweinbrennerei und die Hefenerzeugung (3. Band)

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Der Rübensaft ist auch fähig, unter gewissen Umständen in Selbst- 
gährung zu übergehen und dabei nicht nur vollständig zu vergäh- 
ren, sondern auch neue Hefe zu bilden, welche wieder eine gewisse 
Menge Zucker durch Gährung zu zersetzen vermag. 
Krause erwähnt dieser Selbstgährungsfähigkeit des Rübensaftes 
in seinem »Handbuche der Zuckerfabrication«, ohne jedoch anzugeben, 
ob er diese Eigenschaft des Rübensaftes aus eigenen Versuchen erkannt 
oder aus andern und welchen Quellen geschöpft hat. Der verdienst 
volle Herr Fabriksdirector Winter zu Königsaal in Böhmen hat sich 
mit diesem Verhalten des Rübensaftes gründlicher beschäftigt, und es 
angewendet, um den relativen Zuckergehalt der Runkelrüben zu be 
stimmen, ähnlich wie ich dazu in den Mittheilungen für Gewerbe und 
Handel, Band III., S. 125, Anleitung gegeben, nur mit dem Unter 
schiede, daß ich zur Gährung des Rübensaftes Hefe angewendet habe. 
Das Verfahren des Herrn Winter ist vortheilhafter und genauer; 
es ist auch im Großen zur Gährung des Rübensaftes für die Erzeu 
gung des Branntweins mit Vortheil anwendbar, und deßhalb soll 
hier die Beschreibung dieses Verfahrens folgen. 
Auf 1000 Gewichtstheile rohen Rübensaft setzt man 1.5 Gewichts 
theile concentrirte Schwefelsäure zu, und bringt den Saft in einem 
offenen Gefäße unter Zutritt der Luft in ein Locale von 16° R. Tem 
peratur, welche Temperatur auch der Saft selbst haben soll. Nach 24 
Stunden beginnt die Gährung und ist nach drei bis vier Tagen so voll 
endet, daß der gegohrene Saft am Sacharometer 0 oder nur 1 pEt. 
anzeigt, die Attenuation mithin sehr vollständig ist. Bloß wenn die 
Rüben von schlechterer Qualität, unreiner sind und mehr fremdartige 
Stoffe so wie weniger Zucker im Safte enthalten, ist die Attenuation ge 
ringer. Zugleich wird dabei eine beträchtliche Menge neuer, graulicher 
Hefe gebildet und abgeschieden. Was nun in diesem Falle die geistige 
Gährung des Rübensaftes veranlaßt, ist ungewiß. So viel ist sicher, daß 
durch den Zusatz der Schwefelsäure das Schleimigwerden des Saftes 
gehindert wird; es muß aber natürlich, wie in andern Pflanzensäften, 
auch in dem Rübensafte ein Bestandtheil enthalten sein, welcher nicht 
nur die geistige Gährung desselben unter Mitwirkung der atmosphä 
rischen Luft veranlaßt, sondern auch durch und in Folge des Gährpro- 
cesses als neu gebildete Hefe ausgeschieden wird. Wenn man auch 
nach Rose annehmen wollte, daß durch den Zusatz der Schwefelsäure 
der nicht gährungsfähige gemeine Zucker, welcher im Rübensafte ent 
halten, in gährnngsfähigen Traubenzucker umgewandelt wird — was 
aber nicht glaubwürdig ist, weil dieß sonst auch bei der Fabrication des
	        
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