311
ob man zur Erzeugung des Essigs unmittelbar die durch die geistige
Gährung erhaltene gegohreue Flüssigkeit, oder ob man dazu den erst
durch Destillation aus derselben gewonnenen Branntwein anwendet.
Die gegohreue Flüssigkeit enthält nebst Alkohol und Wasser als
flüchtige, noch gewisse nicht flüchtige Bestandtheile, welche zurückbleiben,
wenn mau dieselbe bis zur Trockne abdampft. Die Mischung dieses
Rückstandes ist verschieden nach Beschaffenheit oder nach dem Ursprünge
der gegohrenen Flüssigkeit, ob dieselbe z. B. Traubenwein oder Malz-
wein war. In dem des erster« finden sich: eine stickstoffhaltige Sub
stanz, uuzersetztcr Traubenzucker (manchmal), Schleim, Ertractiv-
stoff, Gcrbesäure oder Gallussäure, fixe freie Pflanzensäuren und
Salze, besonders Weinstein. Zn dem des letzter« sind vorzüglich ent
halten: Proteinkörper, Gummi, unter Umständen ««zersetzter Zucker
und Salze, namentlich Phosphate, jedoch in viel geringerer Menge
als in dem Rückstände aus dem Wein.
Diese Substanzen bleiben größtentheils auch in dem aus diesen
Flüssigkeiten erzeugten Essig, ertheilen ihm Eigenthümlichkeiten in Be
zug auf Geschmack und Haltbarkeit, sind mit Ursache der Bildung der
Essigmutter und nehmen deßhalb auch Einfluß auf das zur Umwand
lung derselben in Essig anzuwendende Verfahren; sie eignen sich mehr
für die ältere und für die verbesserte Essigerzeugungsmethode; in ei
ner Beziehung scheinen sie der Essigbildung förderlich zu sein, in der
andern zum frühern oder leichtern Umschlagen desselben beizutragen.
Der Branntwein ist bloß ein Gemische von Alkohol und Wasser,
die obigen Rebenbestandtheile fehlen ihm; er läßt sich schwieriger in
Essig umwandeln; die neuere Schuellessigbereituugsmethode eignet
sich vorzüglich für denselben, der daraus erzeugte Essig ist reiner und
haltbarer. Um ihm besondere Eigenschaften zu ertheilen, werden dem
selben erst nach vollendeter Essigbilduug gewisse Substanzen zur Fär
bung, Milderung des sauren Geschmacks u. dgl. zugesetzt. Hiernach
muß denn auch das Verfahren des Essigfabrikanten eingerichtet werden.
Beurtheilung des Fortganges der Essigbildung.
Eine einfache und richtige Methode, den Fortgang der Essigbil
dung zu beobachten und zu verfolgen, müßte unstreitig von wesent
lichem Vortheile für den Essigfabrikanten sein, weil er sich dadurch
fortwährend in Kenntniß des stattfindenden Vorganges erhält, je
den Augenblick Einsicht in den vorgehenden Proceß erlangt und sich