Full text: Die Branntweinbrennerei und die Hefenerzeugung (2. Band, 1. Theil)

ten Jahrhundert als Arzneimittel aus Wein bereitet, die 
Bereitung aber geheimgehalten worden sein, bis im vierzehnten 
Jahrhundert Arnold von Villeneuve, ein Arzt zu Mont 
pellier, die Erzeugung des Branntweins ans Wein in Europa 
verbreitete. Mäßig genossen, schrieb er demselben sehr heilsame 
Wirkungen zu und glaubte ein Mittel zur Unsterblichkeit darin 
gefunden zu haben, weßhalb man ihn Lebenswasser (Aquavitae) 
nannte. Raimund Lull und Theophrastus Paracelsus 
sagen in ihren Schriften, daß die Kenntniß des Branntweins 
von den Arabern zu den Europäern gekommen sei. Seitdem 
hatten selbst die ungebildetsten Völker die Erzeugung des Brannt 
weins sehr bald aufgefaßt, und es ist begreiflich, daß, als ein 
mal festgestellt war, man könne ihn aus Wein bereiten, auch 
sehr bald das Bier und die rohen Naturstoffe, woraus Bier 
bereitet wird, die Getreidearten, dazu verwendet wurden. Die 
Anwendung der Kartoffeln zur Branutweinerzeugung hat erst 
mit deren allgemeinerer Verbreitung und Cultur zugenommen, 
und gegenwärtig sind die Kartoffeln diejenige Frucht, aus wel 
chen am allgemeinsten und die größte Menge Branntwein er 
zeugt wird. Seit etwa 25 Jahren hat auch die Kartoffel-Brannt- 
weinbrennerei, den Fortschritten der Wissenschaft folgend, eine 
zuvor nie geahnte Stufe von Vollkommenheit erreicht, wozu 
Verbesserungen in der Construction der Destillirgeräthe wesent 
lich beigetragen haben, wovon aber erst bei der Betrachtung der 
letzter» die Rede sein wird. 
Wein, Getreide und Kartoffeln sind daher gegenwärtig die 
Hauptmaterialien zur Branntweinerzeugung. Ursprüglich nur 
Arzueimittel, ward der Branntwein seit 1529 bald ein allge 
meines, nur zu beliebtes Getränk. Die Venetianer, welche 
sahen, daß vorzüglich die deutschen Bergleute denselben liebten, 
machten ihn zum Handelsartikel. 
Gegenwärtig ist die Branntweinerzeugung in allen Ländern 
verbreitet, wird in vielen derselben in großer Ausdehnung be 
trieben, worüber die am Schluffe dieses Bandes beigefügte sta 
tistische Übersicht dieses Gewerbsbetriebes in Europa Nachwei 
sung gibt, und wirft den Staatsverwaltungen durch ihre Be 
steuerung einen hohen Steuerbetrag ab. 
Dieses Gewerbe ist eines von denjenigen, welche vorzüglich 
auf die eigene Consumtion der Länder basirt sind; der größte 
Theil des erzeugten Branntweins wird genossen, und wenn der-
	        
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