32
Schon Chaptal hat dieses Verfahren vor 40 Jahren
mit Erfolg versucht und empfohlen.
Enthält der Most nebst zu wenig Zucker auch zu viel
freie Pflanzensäure, so muß ihm uicht nur der fehlende Zucker
ersetzt, es muß auch der Säuregehalt desselben verringert wer
den, um daraus einen guten Wein bereiten zu können.
Den zu großen Gehalt an Säure aber kann man dem
Weine entziehen:
1. Durch Neutralisiren eines Theils derselben,
2. Durch Vermehrung der Flüssigkeit, wodurch sich der
Säuregehalt auf eine größere Masse derselben vertheilt, und
dadurch relativ kleiner wird.
Das erstere Verfahren wäre nur anwendbar, wenn dabei
der Vorgang in der Natur so viel als möglich nachgeahmt
würde, d. h. wenn man die theilweise Neutralisirung der Säure
mit solchen Basen vornimmt, welche mit den im Moste enthal
tenen Säuren Salze bilden, die schon von Natur darin vor
kommen, und entweder sich sogleich als unlöslich ausscheiden, oder
welche wie der Weinstein doch größtentheils ausgeschieden wer
den, nachdem der Most durch die Gährung in Wein verwan
delt worden ist, weil sie in der nun alkoholhaltigen Flüssigkeit
weniger löslich sind. Von Basen wären hiernach blos Kali
und Kalk, ersteres im koblensäuerlichen, letzterer im gebrannten,
beide aber im Zustande möglichster Reinheit dazu geeignet, und
es könnte der Gebrauch derselben zu dem vorbezeichneten Zwecke
nur sachverständigen Chemikern überlassen werden, weil erst aus-
zumiltoln wäre, welche Pflanzeusäuren und wie viel davon im
freien Zustande im Moste enthalten sind, dann welche von den
zwei Basen und wieviel davon man anzuwenden hätte, um die
theilweise Neutralisation und Fortschaffung des Überschusses
der Säure in den sich ausscheidenden Satzverbindungen zu be
wirken, wozu genauere Untersuchungen nothwendig wären, die
nicht jedem Weinbauer zuzumuthen sein möchten.
Obwohl ich ein solches Verfahren nicht für unbedingt na
turwidrig erkennen kann, so soll doch hier wegen seiner zu gro
ßen Umständlichkeit davon abgesehen werden, weil es sich eben
deßhalb nicht zur allgemeinen Ausführung eignet.
Das letztere Verfahren habe ich schon in der ersten Austage
dieses Werkes S. 316 Absatz 2 und 3 unter der Rubrik „Künst
liche Weine" (S. 312) angezeigt, dann S. 310 bei Gelegenheit