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werden, BestÍ5en sollen, angezeigt sei, die Gährung bei
möglichst niedriger Temperatur vorzunehmen und zu
gleich zu verhindern, daß die Temperatur der Jäh
renden Flüssigkeit wahrend des Gährungsverlaufes
bedeutend steige. Dieß und nichts anderes würde bei der
Ausführung von Liebig's neuem Vorschlag zur Weingährung
in weiten (flachen), offenen Gefäßen erzielt werden; denn auch
die Form der Masse nimmt Einfluß auf ihre Abkühlung und
würde hier wegen mehrer Abkühlung das zu hohe Steigen der
Temperatur während des Gährungsverlaufes hindern. Mit
dem ungehinderten Zutritte des Sauerstoffes der atmosphäri
schen Luft zum Jährenden Moste hat es wegen des sich fort
während ans demselben entwickelnden kohlensauren Gases ohne-
dieß noch einen kleinen Anstand, und mit der Ansicht von
den besonders weiten Gährbottichen in Baiern kann ich mich
nicht befreunden, weil man in diesem Lande nirgends Gähr-
bottiche von dergleichen Form im Gebrauche findet; sie sind
meistens ebenso hoch als weit.
Das Ganze reducirt sich also auf die Ausführung der
Weingähruug bei niedrigerer Temperatur, als dieß bis jetzt
noch häufig geschieht, und insofern ist dem Vorschlage Beifall
zu zollen; dann ist die Gährung in offenen Gefäßen
gewiß auch minder nachtheilig. Wenn dagegen die Tem
peratur eine höhere ist und man zur Weiugährung keine kühle
Keller hat, dann erweist sich die Gährung im Verschlossenen
jedenfalls nützlich und ist nicht so verwerflich, als behauptet
wird.
Genaue vergleichende Versuche im Großen mit Berücksich
tigung aller Umstände und daraus abgeleitete Erfahrungen
werden am besten entscheiden, ob der Wein dadurch nach der
Hauptgährung schon die nämliche Reife und Güte erhal
ten haben werde, als sonst nach Jahre langem Lagern. Auf
die Absonderung des Weinsteins durch Lagern wird man wohl
doch erst warten müssen, ehe er seine ihm zukommende Güte
erlangt.
In Folge Aufstellung der neuen Gährungstheorie wurden
an mehreren Orlen Versuche im kleinern und größeren Maß
stabe über den Erfolg der Weiugährung in flachen offenen Ge
fäßen gemacht, welche, wie es auch nicht anders sein konnte,
durchgängig ein negatives Resultat gegeben haben, in deren