196
Im ungehopften Zustande besitzt besonders die Gerstemnalz-
würze einen nicht angenehmen zu süssen Geschmack und lie
fert kein erfrischendes Getränk; im gehopften Zustande ist
sie als gemeines Getränk zu bitter und in beiden Fällen zu sub-
stantiös.
Um die Bierwürze in ein erfrischendes, erregendes, wein
ähnliches Getränk zu verwandeln, ist es nothwendig, den darin
enthaltenen Zucker so zu zersetzen, dass er in Alkohol und
kohlensaures Gas zerfällt, wovon der erstere ganz, das letztere
zum Th eil in der Flüssigkeit verbleibt, wodurch ihr ein geistiger
und erfrischender Geschmack ertheilt wird.
Diese Zersetzung des in der Bierwürze enthaltenen Zuckers
geschieht durch die geistige Gährung derselben — ein Process,
den wir im Allgemeinen schon kennen gelernt haben. Da durch
denselben ein Getränk erzeugt wird, welches man Bier nennt,
so heisst hiernach dieser Gährprocess auch insbesondere die
Biergährung.
Ueberlässt man eine Bierwürze von passender Concentration
z. B. von 12 pCt. Malzextractgehalt, bei einer Temperatur von
10 bis 12° R, der Ruhe, so beobachtet man, dass sich an ihrer
Oberfläche allmählig ein weisser Schaum bildet; es beginnt eine
Fmtwickelung von kohlensaurem Gase, die Gährung hebt von
selbst an. Diese Selbstgährung erfolgt leichter bei ungekochten
Würzen als bei gekochten; sie tritt leichter ein in mit Gersten
malz und rohem Getreide erzeugten, als in blos aus Gersten
malz bereiteten Würzen; durch Wärme wird ihr Eintritt be
schleunigt; am langsamsten tritt sie ein und am unvollkommen
sten erfolgt sie in gekochten gehopften Bierwürzen. Deshalb
setzt man in Belgien, wo die Selbstgährung der Malz-Getreide-
Bierwürzen noch theilweise üblich ist, der gekochten gehopften
Würze einen Antheil ungekochter erster Würze zu, weil dadurch
der Eintritt der Selbstgährung beschleunigt und ihr Erfolg un
terstützt wird. Immer sind zum Eintritte der Selbstgährung
mehrere Tage erforderlich; für die Erzeugung eines besseren Fro-
ductes erfordert sie eine niedrigere Temperatur, weshalb man
sie gewöhnlich im Keller vor sich gehen lässt, und sie dauert
eine längere Zeit. Neben dem Alkohol und der Kohlensäure
aus dem Zucker entsteht dabei auch Hefe aus den in der Würze
enthaltenen Proteinkörpern; alle neu gebildete Hefe wird am