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was ich und zum Th eil Zierl ihm bereits bewiesen haben, alle
mal die Schuld, wenn das baierische Bier sauer wird, auf Man
gel an Erfahrung und Ungeschicklichkeit des Brauers schieben
zu können.
Obwohl ich nun eben nicht berufen bin, mich der Bierbrauer
anzunehmen, so fühle ich doch den Beruf, die gute Sache zu
vertheidigen, und habe für diesen Zweck aus meinen darüber
gesammelten Erfahrungen Folgendes zu erinnern:
1) Ist es durch kein Experiment je bewiesen worden, und
auch nicht beweisbar, dass durch die Untergährung alle stickstoff
haltigen Bestandtheile des Biers in Form von Hefe aus demselben
ausgeschieden werden; ein solches Bier ist noch niemals im
Grossen und Kleinen dargestellt worden, weil sich in einem
jeden, auch noch so vollkommen vergohrenen und am längsten
abgelagerten baierischen Biere noch derlei Bestandtheile finden,
und man kann behaupten, dass es unmöglich sei, dieses Ziel zu
erreichen, weil in dem Biere, auch wenn dessen Nachgährung
schon beendet ist und es anfängt sauer zu werden, noch solche
Bestandtheile anzutreffen sind, und deren Vorhandensein selbst
von Liebig als Bedingung des Sauerwerdens angenommen wird,
wozu ich nur noch beizufügen habe, dass alle Biere ohne Aus
nahme endlich sauer werden, dass daher den baierischen Bieren
diese Eigenschaft niemals abgeht.
2) Die vollkommene Entfernung der von Liebig sogenann
ten Säuerungserreger aus dem Biere hat mit der Erfahrung und
Geschicklichkeit des Brauers nichts gemein. Zur möglichsten
Entfernung derselben, d. h. zur möglichst vollständigen Vergäh-
rung des Biers tragen nur Zeit, d. h. langes Lagern in guten,
kühlen Kellern bei, die beide wohl nicht zu den Geschick
lichkeiten und Erfahrungen eines Brauers gerechnet werden
können.
3) Als Endresultat aller dieser Umstände ergibt sich, dass
blos das relative Verhältniss, das Mehr oder Weniger hierbei in
Betracht kommen kann. Die kühlere oder wärmere Temperatur
der Würze und des Locals bei der Gährung und der Keller bei
der Aufbewahrung bedingen vorzugsweise die Dauer der Haupt-
gährung und Nachgährung, mithin die Haltbarkeit der Biere.
Der dabei erlangte geringere oder grössere Vergährungsgrad be
dingen den noch geringeren oder grösseren Gehalt der Biere an
Balling’s Gähruiigseheinie. II. 18