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Zuckerbildung in den Branntweinmaischen während
des Gährnngsverlaufes.
Es ist bis jetzt durch keinen directen Versuch und eine
darauf sich basirende Untersuchung bewiesen, dass während des
Gährnngsverlaufes eine fortgesetzte Zuckerbildung , d. h. eine
Umwandlung des in der Würze enthaltenen Dextringummi
in Dextrinzucker, Statt finde. Gleichwohl lassen mehrere Um
stände und Erscheinungen schliessen, dass eine solche vor sich
gehe. Die Gründe, welche jene Ansicht rechtfertigen, sind
folgende :
1) Hat Guèrin-Varry gezeigt, dass das Diastas auf
den Stärkekleister auch bei der gewöhnlichen Temperatur, je
doch langsamer wirke; um so mehr dürfte eine solche Wir
kung auf das Dextringummi Statt finden, welches der Um
wandlung in Zucker näher steht, als der Stärkekleister, und
von welchem bekannt ist, dass es im isolirten Zustande sich
mittelst Diastas sehr leicht und schnell in Zucker umwandeln
lässt.
2) Ist in der gährenden Branntweinmaische noch modi
fie i r t wirksames Diastas enthalten, welches, da die
Maische nicht gekocht worden ist, seiner zuckerbildenden Wir
kung auf das Stärkmehl und Dextringummi nicht gänzlich be
raubt worden ist.
3) Weist die Untersuchung des Würzeextractes der Brannt
weinmaischen nach, dass darin noch eine beträchtliche Menge
Dextringummi enthalten ist, welches sich in jener Menge
weder in der gehörig vergohrenen Maische noch in der Schlempe
wiederfindet. Nun ist aber das Dextringummi der geistigen
Gährung nicht fähig, es muss hierfür erst in Zucker umgewan-
delt werden.
4) Wird während des Gährnngsverlaufes der Zucker zer
setzt und das Gummi dadurch gewissermaassen isolirt, in wei
chem Zustande es von dem Diastas in Zucker umgewandelt
werden kann, woran dasselbe bei dem Maischprocesse durch
die bereits erfolgte Bildung einer gewissen Menge von Zucker
gehindert zu werden scheint. (Guèrin-Varry.)
5) Dauert die Hauptgährung eine längere Zeit (24 bis 48
Stunden) und steigt die Temperatur der gährenden Maische da-