Die Anwendung dieser Betrachtungsweise auf die Erklärung
des Essigbildungsprocesses wird später bei der Betrachtung
der Essigfermente Vorkommen. In den beiden ersten Fällen
werden für je 1 Atom Alkohol 4 Atome Sauerstoff aus der Luft
aufgenommen, um im ersten Falle 2 Atome Aldehyd, im zweiten
Falle 4 Atome Aldehydsäure in Essigsäure zu verwandeln.
Im letzteren Falle wären nur 2 Atome Sauerstoff aus der
atmosphärischen Luft nöthig, um die entstehenden 2 Atome
Aldehydsäure in Essigsäure überzuführen.
Von den Materialien zur Essigerzeugung;.
Schon vorne wurde erwähnt, dass Essig aus allen alkohol
haltigen Flüssigkeiten, mithin aus Bier, Wein, Cider und Brannt
wein &c. erzeugt werden könne. Mittelbar sind auch alle jene
Materialien zur Essigerzeugung anwendbar, aus welchen die ge
goltenen alkoholhaltigen Flüssigkeiten und der Branntwein be
reitet werden, mithin Obst- und Beerensäfte, die gemalzten und
rohen Getreidearten, die verschiedenen Arten Zucker (gemeiner
und Stärkmehlzucker, Honig, Syrup, Melasse), die Kartoffeln
(Eicheln, Kastanien) in Anbetracht ihres Stärkmehlgehaltes, das
Zuckerrohr, die Runkelrüben &c. in Anbetracht ihres Zucker
gehaltes.
Die Art und Weise, aus den genannten Materialien eine
alkoholhaltige Flüssigkeit zu bereiten, welche zur Erzeugung von
Essig geeignet ist, muss als bekannt vorausgesetzt und kann
auch aus den ersteren Theilen dieses Werkes eingesehen wer
den; im Besondern jedoch ist dazu noch Folgendes zu be
merken:
Was die Erzeugung gegohrener alkoholhaltiger Flüssigkeiten
aus Obst- und Beerensäften, namentlich aus dem Safte der
Weintrauben durch Selbstgährung betrifft, so wird sich hierwe-
gen auf alles das berufen, was darüber bereits in der Weinbe
reitung S. 30 über die Aufbesserung schwachen Mostes, S. 115
über die Benützung der Weintrester, S. 124 von den Obst- und
Beerenweinen, dann S. 130 von den künstlichen Weinen gesagt
worden, wobei nur noch zu bemerken ist, dass sich zur Essig