durch Kunst nur Essigsäure in einem gewissen Verdünnungszu
stande zu erzeugen vermögen. Nach vorliegenden Erfahrungen
sind Flüssigkeiten von 3 bis 10 pCt. Alkoholgehalt dazu geeignet;
alkoholreichere müssen demnach durch Zusatz entsprechender
Mengen Wassers auf diesen kleineren Alkoholgehalt gebracht
werden. Bei gleichem Alkoholgehalte werden unmittelbar durch
geistige Gährung gewonnene alkoholhaltige Flüssigkeiten leichter
sauer, als blosse Gemische von Alkohol (Branntwein) mit Wasser.
Eine zu grosse Verdünnung ist wohl kein Hinderniss, aber ein
Verzögerungsmittel der Essigbildung; auch wird sie dadurch
modificirt. Dass auch teigartige Substanzen in Essiggährung
übergehen können, beweist der Sauerteig; der Alkoholgehalt des
Mehlteigs ist jedoch nur gering. Absolute Flüssigkeit ist dem
nach dazu nicht nothwendig.
2. Eine angemessene Temperatur von 10 bis 30° R.
Bei Erhöhung der Temperatur wird die Verwandtschaft des
Alkohols zum Sauerstoff gesteigert, deshalb geht die Essigbil
dung innerhalb der oben angesetzten Temperaturgränzen bei
höherer Temperatur schneller und kräftiger vor sich als bei
niedrigerer, und kann die Essigbildung durch Erniederung der
Temperatur je nach dem Maasse derselben verlangsamt oder
gänzlich unterdrückt werden; daher der Vorzug kühler Keller
zur Aufbewahrung gegohrener alkoholhaltiger Getränke.
3. Berührung der in Essig umzuwandelnden alko
holhaltigen Flüssigkeit mit der atmosphärischen
Luft. Die atmosphärische Luft liefert den wohlfeilsten Sauer
stoff zur Umwandlung des Alkohols in Essigsäure, und deshalb
ist Zutritt und Berührung der atmosphärischen Luft mit der
zu säurenden Flüssigkeit hier durchaus nothwendig. Aber auch
die Berührungsfläche derselben mit der atmosphärischen Luft muss
zur Beschleunigung dieses Processes so gross als möglich gemacht
werden, was das Wesen der neueren Schnellessigbereitung aus
macht und ihren Unterschied von der älteren Methode bedingt.
57.5 Gewichtstheile Alkohol bedürfen zur Umwandlung in
63.75 Gewichtstheile Essigsäure 40 Gewichtstheile Sauerstoff
(S. 162); 1 ß Alkohol bedarf demnach zur Umwandlung in 1.1 ß
Essigsäure 0.692 ß Sauerstoff. Die atmosphärische Luft, welche
diesen Sauerstoff liefert, enthält mit geraden Zahlen in 100 Ge-
wichtstheilen 23 Sauerstoffgas auf 77 Stickgas; jene 0.692 ß