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Das Gradirfass und die Weinkämme bleiben nach jedem
Abziehen des Essigs eingesäuert zurück und bilden mit dem
zurückgebliebenen Essig das beste Essigferment für das nach
folgend aufzugiessende in Essig umzuwandelnde Essiggut.
Beim Gebrauche setzen sich die Weinkämme zusammen und
müssen deshalb die Gradirfässer damit von Zeit zu Zeit wieder
aufgefüllt werden; sie bleiben mehrere Jahre brauchbar und sind
alljährlich nach jeder Weinlese frisch zu haben. In Fässern fest
eingedrückt und gut verschlossen, halten sie sich längere Zeit.
Vor den Buchenholzhobelspänen haben sie den Vorzug, dass sie
sich nicht so dicht Zusammenlegen und der atmosphärischen
Luft einen leichteren Wechsel gestatten. Wenn Einige glauben,
dass dadurch der erzeugte Essig dem echten Weinessig ähnli
cher würde, so dürfte dies nur ein frommer Irrthum sein.
Das Thermometer im Gradirfass würde am besten in einer
im Deckel desselben befindlichen Oeffnung so einzuhängen sein,
dass seine Kugel etwa 1 Fuss tief in die Weinkämme hinab
reicht, dort vor dem Abbrecheu gehörig geschützt ist und seine
Scala über dem Deckel hervorsteht, so dass man auch bei be
decktem Bottich jeden Augenblick die in demselben vorhandene
Temperatur an der Scala ablesen kann. Dass ein tteissiger Ge
brauch des Essigbildungsprobers auch hier nützlich sein müsste,
versteht sich nun schon von selbst, und würde die Beobachtung
des Fortschrittes der Essigbildung mit diesen zwei Instrumenten
gewiss zu folgenreichen Erkenntnissen und nützlichen Verbesse
rungen führen.
Dass bei diesem Verfahren die Luft in den abgezogenen
Gradirfässern eine gewisse Zeit verharren müsse, um ihre Wir
kung auf das den Weinkämmen anhängende Essiggut üben zu
können, ist erklärlich; warum aber die Gradirfässer auch ebenso
lange gefüllt bleiben sollen, ist nicht einzusehen, da durch die
Auffüllung derselben doch im Wesentlichen nichts Anderes, als
blos ein Abschweifen und Extrahiren der den Kämmen anhän
genden und in sie eingedrungenen sauren Flüssigkeit bezweckt
wird.
Die Zeitdauer, durch welche die säuernde Flüssigkeit in dem
damit vollaufgefüllten Gradirfass stehen bleibt, geht für dieses
Gradirfass demnach gewissermaassen verloren, weil darin wäh
rend dieser Zeit keine fortschreitende Essigbildung Statt finden