Full text: Die Bereitung des Weines und die Essigfabrikation (4. Band)

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Man ersieht hieraus, wie wichtig es sei, die Trauben nicht 
vor der Zeit vom Stocke abzunehmen, und hat deshalb in der 
jüngsten Zeit selbst angefangen, die reifen Weinbeeren auf dem 
Stocke vor ihrer Lese noch etwas eintrocknen zu lassen, um 
dadurch auf naturgemässe Weise einen concentrirteren süsseren 
Most und daraus einen stärkeren und besseren Wein zu gewin 
nen. Man bekommt dann zwar etwas weniger Wein, allein seine 
grössere Güte, so wie sein daraus entspringender höherer Werth 
gleichen dann die geringere Quantität desselben mehr als wie 
der aus. 
Was übrigens das technische und ökonomische Verfahren 
bei der Weinlese betrifft, so ist dieses weniger Gegenstand un 
serer Beachtung, und kann in mehreren vorhandenen, darauf be 
züglichen Schriften nachgesehen werden. Einige bei der Wein 
lese zu befolgende Regeln, insofern deren Befolgung Einfluss 
auf das erzeugte Product — den Wein — nimmt, wollen wir im 
Folgenden angeben. 
In einigen Ländern (z. B. Oesterreich, Frankreich) wird die 
Zeit der Weinlese durch die Obrigkeiten bestimmt; in andern 
(z. B. Ungarn) ist sie der Einsicht der Eigenthümer und der 
Stimme der Kenner überlassen; häufig noch ist sie mit Festlich 
keiten begleitet, ähnlich denen, wie sie nach Beendigung der 
Getreideernte Statt finden. 
Zur Erzeugung gewisser Weine lässt man die Beeren am 
Stocke immer mehr oder weniger eintrocknen (Trockenbeere) 
(Tokayer &c.), oder man trocknet die abgenommenen Trauben 
auf Hürden an der Sonne und presst sie dann erst aus (Stroh 
wein), wodurch man einen concentrirteren zuckerreicheren Saft 
gewinnt. 
Einige Regeln für die Weinlese. 
a) Man überlasse das Abnehmen der Weintrauben nie uner 
fahrenen oder ungeschickten, sondern darin geübten Taglöhnern 
(Weibern und Kindern von 10—12 Jahren). 
b ) Man solle eine zureichende Anzahl Weinleser nehmen, 
um in einem Tage eine oder mehrere Gährkufen ganz zu 
füllen, damit eine gleichförmige Gährung hervorgebracht werde.
	        
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