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chen, welche in Din gl er’s „Polytechnisches Journal“ (Bd. 92.,
S. 462) übergegangen ist. In Uebereinstimmung mit seiner
Theorie der Untergährung erklärt er den Zutritt der atmosphä
rischen Luft zu dem gährenden Moste während der ganzen Zeit
seines Gährungsverlaufes für nothwendig, und behauptet, der
Wein müsse dadurch in der kürzesten Zeit die näm
liche Reife und Güte erhalten, die er sonst erst nach
Jahre langem Lagern zeigt, wobei die Bedingung gestellt
wird, dass die Temperatur des gährenden Mostes und des Gähr-
locals 8 bis 10° C. (6.4 bis 8° R.) nicht übersteige. Er ver
wirft mit Recht, wie es auch hier geschehen, die Weingährung
bei höherer Temperatur, erklärt aber auch zugleich die Wein
gährung im Verschlossenen als eine vollkommen zweck- und
nutzlose Erfindung eines müssigen Kopfes, die jedenfalls nach
theilig auf die Qualität des Weines wirke, und er verlangt dem
nach, dass die Gährung des Mostes in weiten, offenen Gefässen,
welche dem Sauerstoff der Luft unbeschränkten Zutritt gestat
ten, in ähnlicher Art vorgenommen werde, wie dies in Bayern
mit der Untergährung der Bierwürze der Fall sei.
Was nun die Ansicht Liebig’s von der Untergährung und
ihrer Verschiedenheit von der Obergährung, so wie die Folge
rungen betrifft, die er daraus zieht, so habe ich bei der Betrach
tung der Biergährung bereits Gelegenheit gefunden, sie gründ
lich zu widerlegen. Seinen Vorschlag, eine'verbesserte Wein
gährung betreffend, habe ich in der allgemeinen Gährungschemie
den Grundsatz ausgesprochen und ihn auch bei der Behandlung
der speciellen Zweige der Gährungschemie durchgeführt, dass es
überall da, wo es sich darum handelt, durch die geistige
Gährung Getränke zu bereiten, welche eine grosse
Haltbarkeit und Dauer, ohne sauer zu werden, be
sitzen sollen, angezeigt sei, die Gährung bei möglichst
niedriger Temperatur vorzunehmen und zugleich zu
verhindern, dass die Temperatur der gährenden Flüs
sigkeit während des Gährungsverlaufes bedeutend
steige. Dies und nichts anderes würde bei der Ausführung
von Liebig’s neuem Vorschlag zur Weingährung in weiten
(flachen), offenen Gefässen erzielt werden; denn auch die Form
der Masse nimmt Einfluss auf ihre Abkühlung und würde hier
wegen mehrerer Abkühlung das zu hohe Steigen der Temperatur