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— Das Sonnensystem. —
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Weltgebäudes ruhe, fortan das Fundament der griechischen Astro
nomie oder des sog. geocentrischen Systèmes bildete, war ein so
gewaltiger Fortschritt in der Erkenntnis, wie seither kaum wieder
ein zweiter in Einem Schlage gemacht wurde, denn durch ihn erhöh
sich sein Autor zum erstenmal über die Ergebnisse unmittelbarer
Anschauung und löste sich damit von der ganzen Vergangenheit
vollständig ai). Alles übrige war für den Augenblick nebensächlich,
ja konnte erst eine gewisse Ausbildung erhalten, nachdem dieser
Grundgedanke gewissermassen in Fleisch und Blut übergegangen
war a . Ich will darum auch unter gegenwärtiger Nummer nicht
auf weitern Detail eintreten und einzig noch anführen, dass man
Pythagoras überdies die ebenfalls wichtige Lehre von der Mehrheit
der Welten zuschreibt.
Zu 353: a. Vgl. das von mir nach „Sophie Germain (Paris 1776 — ebenda
1831; ein math. Talent ersten B,anges), Considérations générales sur l’état
des sciences et des lettres aux différentes époques de leur culture. Paris 1823
in 8.“ dem Abschnitte VII Vorgesetzte Motto. — b. Der Gedankengang, durch
welchen Pythagoras auf seine Lehre geführt wurde, ist nicht bekannt, dürfte
aber, wie schon Otto Friedrich Gruppe (Danzig 1804 — Berlin 1876; Prof,
philos. und Akad. Berlin) in seiner Schrift „Die kosmischen Systeme der Griechen.
Berlin 1851 in 8.“ in ähnlicherWeise auseinandersetzte, in folgendem bestanden
haben: Die Lichtgestalten des Mondes lassen denselben als eine Kugel er
kennen, und diese kann nicht an den Himmel angeheftet, sondern sie muss
freischwebend sein, da sie nicht nur ihre Lage gegen die übrigen Gestirne
verändert, sondern dieselben zuweilen bedeckt, so z. B. die sog. Sonnen
finsternisse veranlasst und sich bei ihrem Vorübergange vor der Sonne förm
lich auf derselben abzeichnet. Eine entsprechende kreisrunde Abzeichnung
sehen wir aber auch bei den Verfinsterungen des Mondes sich über denselben
fortbewegen; jedoch kann dieselbe nicht direkt von einem Körper herrühren,
sondern muss der Schatten eines sölchen sein, da der Mond während einer
totalen Finsternis sichtbar bleibt; es muss sich also ein kugelförmiger Körper
zwischen Sonne und Mond stellen. Diese letztem Körper stehen aber zur Zeit
des Vollmondes, wo ausschliesslich solche Finsternisse entstehen, für die Erd
bewohner in Opposition, — also muss es der Schattenkegel der Erde sein, in
welchen der Mond eintaucht, — also ist auch die Erde eine freischwebende
Kugel. — c. Der über gute Quellen verfügende, etwa zu Anfang des 3. Jahr
hunderts n. Chr. zu Laërte in Kleinasien geborne Diogenes Laertius sagt in
seiner Schrift „De vitis, dogmatibus etc. clarorum virorum“ ganz unzwei
deutig: „Pythagoras nimmt die Welt kugelförmig an, in ihrer Mitte die Erde
enthaltend, welche gleichfalls kugelförmig und rund umher bewohut ist“. —
d. Als ein verfrühter und darum auch ziemlich misslungener Versuch, die
Ideen des grossen Meisters weiter auszuführen, ist derjenige zu bezeichnen,
welcher durch einen Schüler von ihm, den um 500 v. Chr. in Theben lehrenden
Philolaus, unternommen wurde. Allerdings ist uns derselbe nur durch Bruch
stücke seiner drei Bücher „Über die Natur“ bekannt, welche namentlich durch
August Boeckh (Karlsruhe 1785 — Berlin 1868; Prof. Eloqu. Heidelberg und
Berlin) in seiner Schrift „Philolaus, des Pythagoräers, Lehren. Berlin 1819