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— Das Sonnensystem. —
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kennen glaubte, während es sich ihm bei genauerer Untersuchung etwas später
als Ellipse entpuppte, in deren einem Brennpunkte die Sonne stand. Dass auf
den Gang dieser Arbeiten seine damalige lebhafte Korrespondenz mit David
Fabricius einen erheblichen Einfluss ausübte, giebt Kepler (vgl. Astronomia
nova IV 55) selbst zu, — jedoch ist derselbe von manchen weit überschätzt
worden. — b. Für das zweite Kepler’sche Gesetz, dem jede Centralbewegung
unterliegt, kann 111 verglichen werden. Es bildet, wie schon Reuschle (257: d)
betonte, gewissermassen den physischen Kern der elliptischen Theorie, indem
es „die Ausgleichung der Ungleichheit der Abstände und der Ungleichheit der
Geschwindigkeiten in der sich gleichbleibenden Flächengeschwindigkeit“ in
volviert, und dadurch auf eine in der Sonne sitzende Kraft hinweist. Auch
blieb es dem edeln Schöpfer (2G5: b) Vorbehalten, dasselbe als „Unsinn“ zu
bezeichnen, sowie die Behauptung aufzustellen, es habe Kepler diese Arbeiten
nur aus „Hass gegen die Geistlichkeit“ unternommen, um dem Christentum
„einen empfindlichen Stoss“ beizubringen. — c. Nach „Franz Dvorsky, Neues
über Kepler. Prag 1880 in 8.“ legte Kepler sein Werk über Mars dem Kaiser
schon 1G04 mit der Bitte vor, dasselbe drucken zu lassen; aber erst, als er
im Dezember 1G06 die Bitte dringend wiederholte, liess Rudolf zu diesem Zwecke
400 11. anweisen, und das Erscheinen selbst verzögerte sich dennoch bis 1600.
An der Verzögerung mögen zum Teil auch die Streitigkeiten mit Tychos Erben
über dessen wissenschaftlichen Nachlass Schuld gewesen sein; eine dem Vor
worte vorangestellte kurze Erklärung Tengnagels beweist, dass die Familie
schliesslich ihren Widerstand aufgab.
Keplers drittes Gesetz. — Nachdem Kepler durch
seine „Astronomia nova“ das coppernicanische System in der nötigen
Weise umgearbeitet und gegen alle wissenschaftlichen Angriffe
sichergestellt hatte, warf er sich trotz Verhältnissen, welche jeden
minder kräftigen Geist zu Boden geworfen hätten w , mit all’ seiner
Energie auf das Suchen nach einem die verschiedenen Planeten
organisch mit einander verbindenden obersten Gesetze: Bald griff
er auf seine frühere Idee zurück, die halben grossen Axen mit den
regelmässigen Körpern in Verbindung zu bringen, — bald glaubte
er harmonische Beziehungen aufzufinden, welche im Sinne der Pytha-
goräer die Distanzen und Umlaufszeiten beherrschen möchten 6 , —
etc., bis er endlich 1618 III 8 den glücklichen Einfall hatte, die
Zahlen, welche die grossen Axen und Umlaufszeiten ausdrücken, in
verschiedene Potenzen zu erheben und diese mit einander zu ver
gleichen und nun V 15, nach Beseitigung eines Bechnungsfehlers,
wirklich sein drittes Gesetz fand, nach welchem sich die Quadrate
der Umlaufszeiten zweier Planeten wie die Würfel der grossen Axen
ihrer Bahnen verhalten. Mit gerechtem Stolze publizierte er sodann
diesen kostbaren Fund in einem zweiten Hauptwerke, seinen „Har-
monices mundi libri V. Lincii 1619 in fol.“ c , und hatte noch die
Genugthuung, demselben als drittes Hauptwerk die längst be
gonnenen und von den Astronomen selinlichst erwarteten „Tabuke