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— Die Welten.
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geringer Dicke, dagegen einen Durchmesser von vielleicht 15000 Sirius
distanzen. Solcher Milchstrassen giebt es wieder zahllose, die zusammen
ein System der vierten Ordnung bilden. Sogar noch weitere Systeme hält
Lambert für möglich, aber sie können von uns kaum mehr aufgefasst werden,
— und entsprechend sagt Kant: „Es ist hie kein Ende, sondern ein Abgrund
einer wahren Unermesslichkeit, worin alle Fähigkeit der menschlichen Begriffe
sinkt, wenn sie gleich durch die Hülfe der Zahlwissenschaft erhoben wird“. —
e. Ich schliesse mit den noch gegenwärtig zutreffenden Worten von Lambert:
„In Ansehung des ganzen Weltbaues scheinen wir dermalen das zu sein, was
vor Zeiten Pythagoras, Philoiaus, Nicetas und andere griechische Weltweise
in Absicht auf unser Sonnensystem waren. Wir erwarten noch die Coppernicus,
Kepler’s und Newton’s für den ganzen Welthau, und können nur eine ähnliche
Vorherverkündigung entwerfen, wie sie Seneca (vgl. 279) in Absicht auf
die Cometen getroffen hat“.
300. Die Dauer des Weltgebälldes. — Nach (len Er
gebnissen der Mechanik des Himmels ist im Weltgebäude von einer
weisen Hand Alles so geordnet, dass zunächst das Trincip der Er
haltung vorherrscht; aber wir beobachten auch Lebenserscheinungen,
und wo wir Leben sehen, finden wir nicht minder Tod und Wieder
geburt, — also wird mutmasslich dennoch nach Tausenden von Jahr
tausenden unsere jetzige Welt absterben, um einer neuen Platz zu
machen. Wann dies statthaben und was folgen wird, wissen wir
allerdings ebensowenig als wann und wie unser gegenwärtiger Wolin-
platz geschaffen wurde“, — wissen wir ja kaum, wohin unser Schiff
heute treibt, geschweige was die Räume bergen, denen wir morgen
zusteuern; aber wir dürfen dennoch getrost auf dem unbekannten
Weltmeere fahren , denn wir besitzen, wenn nicht aller Anschein
trügt, ein noch ganz solides Schiff und vor allem aus einen bewähr
ten Fährmann. — Ich schliesse mit den diese Gedanken noch etwas
weiter ausführenden Worten, welche mein unvergesslicher Lehrer
Littrow in dem betreffenden Abschnitte seiner klassischen „Wunder
des Himmels“ gebrauchte h : „Alles was Körper und sonach sterblich
ist, eilt, wenn es seine Zeit gedauert und seine Bestimmung erfüllt
hat, der Auflösung entgegen, von der es durch keine Kraft zurück
gehalten werden kann. Sowie auf den Gipfeln unserer Berge und in den
Abgründen der Erde die Versteinerungen und Überreste der Thiere
und Pflanzen einer längst verschwundenen Vor weit zerstreut liegen, so
werden auch einst die morschen Trümmer des grossen himmlischen
Baues in dem Welträume zerstreut werden. Die Sonne wird erlöschen
und die zahllosen Sterne des Himmels werden vergehen, und an ihrer
Stelle werden sich andere erheben, die auch wieder, wenn sie aus
geblüht haben, abfallen werden, wie welke Blätter, mit denen die
Winde spielen, und dieselbe Welle, die sie so lange getragen, und
endlich auch heruntergezogen hat in die Tiefe des Weltenmeeres,