Cyanwasserstoff.
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Polymer mit dem Cyan ist das Paracyan (CN) X ; es ist ein
amorphes braunes Pulver, welches beim Erhitzen des Quecksilber
cyanids als Nebenprodukt entsteht und durch stärkeres Erhitzen in
Cyan übergeht.
Cyanwasserstoff, Blausäure, HCN. Entdeckt 1782 von
Scheele; näher untersucht von Gay-Lussac.
Vorkommen. Frei in einigen tropischen Pflanzen, besonders
in Pangium edule, sowie in Verbindung mit Aldehyden (s. S. 157)
in den Nitrilglukosiden (s. Kap. XL, B), z. B. im Amygdalin (s. u.).
Nach Treub ist die Blausäure die in der Pflanze zuerst gebildete
organische Stickstoff Verbindung, entstanden durch Einwirkung von
Formaldehyd, dem ersten Assimilationsprodukt der Kohlensäure (siehe
8.160), auf die aus dem Boden in Form von Nitraten aufgenommene
Salpetersäure; durch Vereinigung der Blausäure mit Ammoniak und
vorhandenen Aldehyden und Ketonen entstehen sodann a-Aminosäuren
(s. 8.253), die Bausteine des Pflanzeneiweißes. C. 1910, II, 983.
Bildung. 1. Aus Cyanmetallen durch stärkere Säuren;
so auch durch Destillation von Ferrocyankalium mit verdünnter
Schwefelsäure:
K 4 FeCy 6 + 5H 2 S0 4 = 6 HCy -f FeS0 4 -f 4 KHS0 4 .
Das gebildete Ferrosulfat setzt sich mit weiterem Ferrocyan
kalium um zu (gegen verdünnte Säure beständigem) Ferrokalium-
Ferrocyanid, FeK^FACyg), so daß nur die Hälfte des Cyans in Blau
säure übergeht. — Bei Anwendung von konzentrierter statt verdünnter
Schwefelsäure wird der Cyanwasserstoff sofort wieder verseift zu
Ammoniak und Kohlenoxyd.
2. Aus ameisensaurem Ammoniak oder Formamid durch
Abspaltung von Wasser:
H.C0.0NH 4 = H.C0.NH 2 -f H 2 0 = H.CN-f 2H 2 0.
Demnach ist die Blausäure das Nitril der Ameisensäure.
3. Aus Amygdalin (s. o.) durch Spaltung unter dem Einfluß
des „Emulsins“ (s. Kap. XIV, E), neben Bittermandelöl, C 7 H,;0,
und Traubenzucker, C 6 H 12 0 6 :
C S0 H 27 O 11 N + 2H 2 O = HCN + C v H 6 0 + 2C 6 H 12 0 6 .
Das aus bitteren Mandeln dargestellte Bittermandelöl und dessen
wässerige Lösung (als aqua amygdalarum amararum officinell) ent
halten daher Blausäure.
4. Durch Einwirkung von Ammoniak auf Chloroform unter Druck:
HC Clg + N H 3 — HCN -f 3HC1.