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XII. Oy an Verbindungen.
Polymer: Cyanursäure, C 8 N 3 0 3 H3, = (C0NH) 3 (Schede).
Die S. 308 besprochene Bildung der Cyanursäure durch Erhitzen
von Harnstoff wird leicht verständlich, wenn man sich vergegen
wärtigt, daß dieser aus den Bestandteilen von Cyansäure und
Ammoniak besteht, so daß durch Abspaltung des letzteren erstere
frei wird, sich aber polymerisiert (Darstellung, J. pr. Ch. (2)
79, 126).
Die Cyanursäure bildet durchsichtige, kristallwasserhaltige,
verwitternde Prismen (-}-2H 2 0), welche in heißem Wasser leicht
löslich sind. Sie ist eine dreibasische Säure. Ihr Trinatriumsalz
ist in konzentrierter Natronlauge schwer löslich, das Cuprammon-
salz ist schön violett (charakteristisch). Durch längeres Kochen
mit Salzsäure wird sie zu Kohlensäure und Ammoniak verseift,
durch Phosphorpentachlorid in Cyanurchlorid verwandelt, aus
welchem sie umgekehrt durch Wasser entsteht (s. S. 308).
Bemerkenswert sind zwei strukturverschiedene Mercuricyanurate,
■das eine ist vollkommen beständig gegen Alkalien (Hg am N), das
andere liefert mit Alkalien HgO (Hg am 0) (B. 35, 2717).
Von der Cyanursäure leiten sich zwei isomere Klassen von
Alkoholderivaten ab:
1. Normale Cyanursäureester, z. B. (CN) 3 (OC 2 H 5 ) 3 , aus Cyanur
chlorid und Natriumäthylat, farblose Flüssigkeit, welche sehr leicht
in die isomeren
2. Isocyanursäureester, Tricarbimidäther, z. B. (CO) 3 (NC 2 H 5 ) 3 ,
übergehen. Letztere, farblose Flüssigkeiten, entstehen daher häufig
statt jener, so bei der Destillation von cyanursaurem mit äthyl
schwefelsaurem Kali. Sie bilden sich ferner aus den Isocyansäure
estern durch Polymerisation. — Die normalen Verbindungen geben bei
der Verseifung Cyanursäure und Alkohol, die Isomeren Kohlensäure
und primäre Amine.
Konstitution. Die Cyanursäure enthält das Radikal Tricyan,
(CN) 3 , dessen Stickstoff- und Kohlenstoffatome man in der normalen
Hydroxyl-Form als abwechselnd einfach und doppelt aneinander zu
einem „geschlossenen Ring“ gebunden annimmt, während die Imid-
Form aus drei „ringförmig“ miteinander verbundenen CO- und NH-
Gruppen besteht (vgl. A. W. Hofmann, B. 18, 2755; vgl. B. 18, 3261,
und Benzolderivate); einen analogen Ring kann man im Trimethyl-
trimethylenamin (S. 156) annehmen. In den normalen Cyanursäure«
estern ist das Alkyl wie in den gewöhnlichen Säureestern an Sauer
stoff gebunden, da dasselbe durch verseifende Mittel als Alkohol
abgespalten wird, in den Isocyanursäureestern dagegen steht das Alkyl
am Stickstoff und wird dementsprechend von diesem bei der Verseifung
nicht abgetrennt (vgl. S. 123):