Cyan amid.
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E. Cyanamid und Derivate.
Cyanamid, CN.NH 2 (Bineau). Das Cyanamid wird erhalten:
1. Durch Einleiten von Chlorcyan in eine ätherische Lösung
von Ammoniak:
CNCI+2NH3 = CN.NH 2 -}-NH 4 CL
2. Durch Einwirkung von Quecksilberoxyd oder Bleihydroxyd
auf Sulfoharnstoff in wässeriger Lösung („Entschwefelung“):
NH 2 .CS.NH 2 = NC. NH 2 -|- H 2 S.
3. Einfacher durch mehrmaliges Auslaugen von Kalkstick
stoff (s. u.) mit kaltem Wasser und Zerlegung mit Aluminiumsulfat
[Z. angew. Ch. 23 (1910), 2413].
Es ist eine farblose, kristallinische, zerfließliche, in Wasser,
Alkohol und Äther leicht lösliche Masse, vom Sm.-P. 41°. Es
verwandelt sich beim Erhitzen auf 150° unter explosionsartigem
Aufkochen in das polymere Dicyandiamid (s. f. S.), desgleichen
beim Eindampfen der Lösung oder beim Aufbewahren.
Bei Einwirkung verdünnter Säuren fixiert es die Elemente des
Wassers unter Bildung von Harnstoff [CN(NH 2 ) -f- H 2 0 = CO(NH 2 ) 2 ]
und in analoger Weise vereinigt es sich mit Schwefelwasserstoff (wieder)
zu Sulfobarnstoff. Beim Erhitzen mit gewissen Ammoniaksalzen liefert
«s Guanidinsalze (S. 328).
Das Cyanamid verhält sich wie eine schwache Base, e3 bildet
kristallinische, leicht zersetzliche Salze; gleichzeitig aber auch wie
eine schwache Säure: so gibt es ein Natrium-, Calcium-, Blei-
und Silbersalz (CN 2 Ag 2 , gelbes Pulver).
Cyanamidnatrium, CN 2 Na 2 , entsteht aus Natriumamid und
Holzkohle bei 600° (bei 800° addiert es noch ein Atom Kohlen
stoff unter Bildung von Cyannatrium):
2 NaNH 2 + C = CN 2 Na 2 -f 4 H; CN 2 Na 2 -f C = 2 NaCN
(vgl. S. 299); ferner durch Zusammenschmelzen von Cyannatrium
und Natriumamid: NaNH 2 NaCN = Na 2 CN 2 -f- H 2 .
Calciumcyanamid, CN 2 Ca, entsteht aus Calciumcarbid und
Stickstoff oder aus Kalk, Kohle und Stickstoff bei hoher Tem
peratur :
CaC 2 -f 2 N = CaCN 2 -f- C; CaO + 2 N -f 2 C = CaCN 2 + CO;