Full text: Kurzes Lehrbuch der organischen Chemie

Konstitution und Verhalten der Biosen. 349 
Glukosiden (s. d.) konstituiert; also Rohrzucker = d-Glukose- 
d-Fructoseanhydrid; Malzzucker = d-Glukoseanhydrid usw. 
Maltose und Lactose sind wahrscheinlich stereoisomer. Letzterer 
kommt nach E. Fischer (B. 26, 2405) etwa die Konstitutionsformel zu: 
ch 2 oh.choh.ch.choh.ohoh.ch-o-ch 2 .(choh) 4 .cho, 
I 0 
Galactoserest Glukoserest * 
welche eine Aldehydgruppe und zwei ätherartige Bindungen enthält. 
Dem entspricht die Eeduktionsfähigkeit der beiden Zucker, ihre Fähig 
keit zur Hydrazonbildung, zur Blausäureanlagerung, ihre Veränderlich 
keit durch Alkali und ihre Oxydierbarkeit zu um ein Sauerstoffatom 
reicheren Säuren (s. u.). Man kann sie hiernach als „Aldehydzucker“ 
bezeichnen. Geht hingegen die Aldehyd- oder Ketongruppe der Hexosen 
bei der Bildung der komplizierteren Anhydride (der vorliegenden, wie 
der Cellulosegruppe) verloren, indem sie dazu mit verwendet wird, so 
entstehen „Anhydridzucker*, welche nicht reduzieren, kein Hydrazon 
bilden und gegen Alkali beständiger sind, so z. B. der Bohrzucker, 
dem vielleicht folgende Formel zukommt (Tollens, E. Fischer): 
CH 2 OH 
CH 2 OH. CHOH. CH. CHOH. CHOH. OH-O-C. CHOH. CHOH. OH. CH 2 OH 
1 o b 1 
Glukoserest Fructoserest 
Synthesen: E. Fischer, B. 28, 3024; 35, 3144; 48, 233. 
Verhalten. 1. „Hydrolyse“: s. v. S. 
2. Mit Basen entstehen Saccharate, s. Rohrzucker. 
Durch stärkere Einwirkung von Kalk entsteht aus Lactose und 
Maltose Isosaccharin. 
3. Mit Salpetersäure liefern Bohr-, Malz- und Milchzucker als 
achtwertige Alkohole Octonitrate. 
4. Gärung. Während Rohr- und Malzzucker durch die 
gewöhnlichen Bier- und Weinheferassen vergärbar sind, wird 
Lactose nur durch gewisse Saccharomyceten vergoren; alle drei 
Biosen werden zuerst durch in den betreffenden Hefen gebildete 
Enzyme, die Invertase, Maltase und Lactase, zu Hexosen 
hydrolysiert, und diese dann in Alkohol und Kohlendioxyd ge 
spalten. Milchzucker erleidet durch Bakterien leicht Milchsäure 
gärung. 
5. Durch Oxydation gehen Maltose und Lactose zunächst in 
um ein Sauerstoffatom reichere Säuren über, die Maltobionsäure und 
Lactobionsäure, C 12 H 22 0 12 , welche bei der Hydrolyse zerfallen in 
d-Glukose und d-Glukonsäure, bzw. d-Galactose und d-Glukonsäure. Bei
	        
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