Chemische Theorien.
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alten Äquivalentgewichten). — Das Bedürfnis, kompliziert zusammen
gesetzte Substanzen mit einfacheren (als „Typen“) zu vergleichen,
hatte schon wiederholt zur Aufstellung von neuen Theorien zur Ver
anschaulichung der Konstitution der organischen Substanzen geführt
(z. B. ältere Typentheorie [Dumas], Kerntheorie [Laurent]).
Eine festere Basis erhielten dieselben durch die Typentheorie von
Gerhardt, welche zumal durch die Entdeckung des Äthylamins und
anderer Ammoniakbasen (Wurtz [1848] und A. W. Hofmann [1850]),
durch die Richtigstellung der Formel des Äthers (Williamson [1850])
und durch die Entdeckung der Säureanhydride (Gerhardt [1852])
unterstützt wurde. Alle zusammengesetzteren Substanzen, anorganische
wie organische, wurden hiernach mit einfacheren anorganischen als
„Typen“ verglichen, deren Gerhardt vier aufstellte:
von denen aber die beiden ersten eigentlich zusammenfallen. So er
gaben sich z. B. die Formeln:
Die organischen Verbindungen konnten hiernach in gleicher
Weise wie die anorganischen auf anorganische Typen bezogen werden,
wenn man in ihnen Radikale (Äthyl, C 2 H 5 ; Acetyl, C 2 H 3 0) annahm,
d. h. Atomgruppen, welche eine den Elementen analoge Rolle spielen
und durch doppelte Umsetzung aus einer Vei-bindung in die andere
übergehen können (s. u.). So erhielten Äthylchlorid, C 2 H 5 01; Alkohol,
C 2 H 6 0; Äthylamin, C 2 H 7 N; Äther, C 4 H 10 O, usw. dasselbe Radikal:
C 2 H 6 , Äthyl, der nahen zwischen diesen Verbindungen existierenden
Verwandtschaft entsprechend, die nun auch in der Schreibweise zum
Ausdi’uck kam.
Die Schwefelsäure, H 2 S0 4 , wurde vom verdoppelten Typus Wasser
abgeleitet:
Chlorkalium
Chloräthyl
Chloracetyl
Kalihydrat Salpeter- Äthyl-
Essigsäure
säure alkohol
Kalium- Salpeters.- Äthyl
oxyd anhydrid äther
Essigsäure-
anhydrid
Athylamin
Acetamid
usf.