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Erforschung der Konstitution.
Die in der anorganischen Chemie nicht immer genügend
austragsfähige Frage über die Höhe der Valenz der betreffenden
Elemente gestaltet sich für die kohlenstoffhaltigen Verbindungen
unvergleichlich viel günstiger, weil der Kohlenstoff sowohl gegen
Wasserstoff wie gegen Chlor und Sauerstoff fast stets dieselbe
Valenz, Vierwertigkeit, auf weist. Da nun der Wasserstoff als
Maß der Valenz einwertig ist unc^der Sauerstoff diesen Elementen
gegenüber beinahe immer zweiwertig auftritt, so ist die Valenz
gerade der drei „organischen“ Elemente C, H, 0 eine relativ
sicher begründete, und somit sind die auf dieselbe begründeten
Schlüsse recht sichere, um so mehr, als ja schon aus diesen drei
Elementen sich die meisten wichtigen Kohlenstoffverbindungen
zusammensetzen.
Erklärung der Isomerie. Erforschung der Konstitution
organischer Verbindungen.
An der Hand der Valenztheorie ist nun die Erscheinung der
Isomerie leicht zu verstehen; sie beruht auf einer bei den ver
schiedenen Isomeren verschiedenen Gruppierung oder Bindung
der Atome im Molekül. Dies ergibt sich daraus, daß isomere
Körper bei chemischen Umwandlungen ganz verschiedene Atom
gruppen oder Atome abspdlten oder gegen andere austauschen.
Es erwächst also die weitere Aufgabe, die Bindungsweise
der Atome im Molekül, d. h. die chemische Konstitution, die
„ Struktur “ der Kohlenstoff Verbindungen, zu erforschen.
Es ist dies stets nur möglich und statthaft für Verbindungen,
deren chemischer Charakter nach den verschiedensten Richtungen
hin bekannt ist.
Bei solchen Betrachtungen ist zunächst nur die dem Experi
ment zugängliche Bindungsweise der Atome im Molekül ins
Auge zu fassen und die Frage, wie weit eine Verschiedenheit
der Gruppierung der Atome im Raume in Betracht kommen kann,
beiseite zu lassen. Siehe bezüglich der letzteren S. 21.
Die maßgebenden Gesichtspunkte seien an einigen Beispielen
erläutert.
Wird Jod methyl, CH 3 J, mitNatrium in ätherischer Lösung
behandelt, so entsteht unter Bildung von Jodnatrium zunächst
Bernthsen, Organ. Chemie. 14. Anfl. o