Diazoverbindungen.
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(s. a. S. 424) erleiden, aber es entstehen wohl charakterisierte
Zwischenprodukte, die sogen. Diazoverbindungen, welche von
besonderer wissenschaftlicher wie technischer Bedeutung sind.
Dieselben sind von P. Griess (1860) entdeckt und genauer unter
sucht worden (A. 121, 257; 137, 39).
Bildung. 1. Leitet man in einen Brei von Anilinnitrat
und verdünnter Salpetersäure Salpetrigsäuregas ein, so löst sich
das Anilinsalz auf, und es entsteht eine Flüssigkeit, aus -welcher
durch Alkohol und Äther schöne, lange, weiße Nadeln von
Diazobenzolnitrat, C 6 H 6 N 2 .N0 3 , gefällt werden. Dieselben
sind an trockener Luft ziemlich beständig, an feuchter Luft
zersetzen sie sich leicht und explodieren beim Erhitzen oder
durch Stoß aufs heftigste. Die zugehörige Base, das alkaliähnliche,
selbst bei 0° in wässeriger Lösung sich schnell zersetzende
Diazobenzol (S. 426), scheint die Formel C 6 H 5 N a .OH zu be
sitzen (so wie dem Salz KN0 3 die Base KOH entspricht).
In ähnlicher Weise entstehen aus Anilinchlorid, Anilin
sulfat usw. bei Gegenwart freier Säure andere Salze des Diazo-
benzols (häufig auch Benzoldiazonümsalzc genannt), z. B. Diazo-
benzolchlorid, C 6 H 5 N 2 .C1, Diazobenzolsulfat (saures Sulfat),
C t; H 5 N 2 . S0 4 H. Auch PtCl 4 -, AuCl 3 - usw. Doppelsalze existieren.
Die Homologen des Anilins, ferner manche Diamine zeigen ein
gleiches Verhalten; z. B. gibt das p-Toluidin Diazotoluolchlorid,
C 6 H 4 (CH 3 )N 2 .C1, usw.
Die Diazoverbindungen werden meist wegen ihrer Unbestän
digkeit und Explosionsfähigkeit nicht in fester Form isoliert,
sondern nur in Lösung dargestellt.
Man löst z. B. ein Mol. Anilin in zwei oder mehr Mol. Salzsäure
und läßt unter Eiskühlung langsam die berechnete Menge Natrium
nitritlösung hinzufließen. Die Flüssigkeit muß auch auf Zusatz von
Natriumacetat klar bleiben, und es darf keine Stickstoffentwickelung
eintreten. — Man läßt auch wohl auf die Aminoverbindung Amyl-
oder Äthylnitrit in Gegenwart einer Mineralsäure einwirken.
Schwach basische Amine werden in konzentrierter Schwefel
säure bzw. Salpetersäure gelöst und mit salpetriger Säure bzw. bei
Verwendung von Salpetersäure mit der zur Bildung der salpetrigen
Säure erforderlichen Menge Kaliumpyrosulfit („Kaliummetabisulfit“)
behandelt (B. 42, 2953).