Stereoohemische Isomerie.
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Im allgemeinen werden wohl die zwei Atome um ihre gemein
same Achse unabhängig voneinander rotieren können. Oh intramole
kulare, anziehende oder abstoßende Kräfte zwischen einzelnen Atomen
oder Atomgruppen diese freie Drehbarkeit völlig aufheben können,
erscheint fraglich [s. die sogenannte vierte (Crassulaceen-)Äpfelsäure;
Aberson, B. 31, 1448].
3. Sind zwei Kohlenstoffatome durch je zwei Affinitäten
miteinander verbunden, so besitzt das System keine freie Be
weglichkeit mehr. Bindet jedes der Kohlenstoffatome dann zwei
verschiedene Atome oder Atomgruppen, a und b, so können bei
chemisch gleicher Bindung, hei gleicher Konstitution, wiederum
zwei Isomere durch die ungleiche Verteilung von a und b zu
stande kommen, entsprechend folgenden Gebilden (in der ersten
und dritten Figur sind die Tetraederkanten nur punktiert an
gedeutet, die Afiinitätsi’ichtungen dagegen ausgezogen):
In (I) befindet sich a zu a in „plansymmetrischer“, in (II)
hingegen in „centrisymmetrischer“ Stellung; (I) wird auch, da
sich die beiden a auf einer Seite der von den Affinitätsrichtungen
der doppelten Bindung gebildeten Ebene befinden, als „c?s“-Form,
(II) dagegen als „¿raris“-Form bezeichnet (cis-trans-Isomerie).
Man kann sehr wohl begreifen, daß sich die Gruppen (Atome)
a und b im einen Falle stärker beeinflussen werden als im anderen.
Die hierher gehörigen Stereomeren zeigen in chemischer wie physi
kalischer Hinsicht größere Unterschiede als die Verbindungen, deren
Stereomerie unter 1. und 2. besprochen wurde (s. v. S.). Oft ist das
eine Isomere im Gegensatz zum anderen durch eine bestimmte intra
molekulare Reaktion, z. B. Anhydridbildung, ausgezeichnet, welche
durch die räumliche Annäherung der reagierenden Atome (Gruppen)
infolge der Konfiguration veranlaßt wird.