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Einleitung.
Mittels der dargelegten Anschauungsweise findet z. B. die inter
essante Isomerie der Eumar- und Maleinsäure (s. Kap. X, B) eine
einleuchtende Erklärung, und ihre Bedeutung wird durch den Umstand
erhöht, daß sie zur Auffindung anderer Isomeriefälle bei ungesättigten
Verbindungen (Chlorpropylen, Chlorcrotonsäure usw.) geführt hat.
Cistransisomerie ist ferner bei vielen iso- und heterocyclischen
Verbindungen aufgefunden; vgl. „hydrierte Phtalsäuren“ (Kap.XXV, B)>
Met- und Paraldehyd (Kap. V, A); Lactone s. B. 30, 1958.
4. Auch ein Stickstoffatom kann Veranlassung zu einer Isomerie
geben, falls seine drei Affinitäten nicht in der Ebene wirken, sondern
in ähnlicher Bichtung wie von einer Ecke eines Tetraeders zu den
drei anderen Ecken hin. Von der Verbindung
*>C=N-c
sind alsdann folgende zwei Arten räumlicher Anordnung denkbar
(beim Kohlenstoffatom sind die Tetraederkanten zur Erleichterung der
räumlichen Vorstellung punktiert angedeutet):
/C
(I) /Qk
und (II)
. J\
/\<7\
//X\\
a^-~---^h
oder schematisch:
c—N
N—o
(I) II
und
(II) || ;
a—C—b
a—C—-b
Syn-Beihe
Anti-Beihe
und entsprechend dem ad 3. Erwähnten kann man auch hier an
nehmen, daß die Gruppen (Atome) a und c sich in einem Fall stärker
beeinflussen als im anderen und dadurch chemische Verschiedenheiten
der durch die zwei Formeln repräsentierten Substanzen veranlassen.
Diese Auffassung dient besonders zur Erklärung der beobachteten
Isomerien beiOximen (näheresvgl. unter „Stereoisomere Oxime“, Kap.V, B)
und Phenylhydrazonen (B. 35, 3082). Vgl. Hantzsch und Werner, B.23,
11; 24, 3511; 25, 2164; V. Meyer, B. 23, 567.
5. Auch eine der unter 1. aufgeführten Kohlenstoffisomerie ähnelnde
Stick stoff isomerie ist bei Körpern mit fünf wertigem Stickstoff
(vgl. Stickstoffbasen [Kap. IV, D, Verhalten, sub 7.]; Aminoverbindungen
[Kap. XX, C, Verhalten, sub 4.]), ferner bei Phosphorverbindungen
(Kap. I\, E, 1), Sulfoniumverbindungen (Kap. IV, B) und organischen
Selen-, Silicium- und Zinnverbindungen angetroffen worden.
Nicht zu verwechseln mit obigen Isomerien ist der (phj'sikalische)
Di- \>zw. Polymorphismus, welcher sich wie bei manchen anorganischen
auch bei vielen organischen Verbindungen Yorfindet (vgl. S. 32).