Optische Aktivität.
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Es ist bereits auf S. 22 besprochen worden, wie das Vor
handensein von asymmetrischen Kohlenstoffatomen zur Erklärung
solcher optisch verschiedenen Modifikationen führt. Sei die in
den Tetraederzeichnungen auf S. 22 mit A bezeichnete Ecke die
mit Wasserstoff besetzte, während B, C und D der Keihe nach
die Gruppen CH 3 , C 2 H 5 und CH 2 .OH bedeuten, so sieht man
leicht ein, daß, wenn die Aufeinanderfolge dieser Gruppen im
Sinne der Uhrzeigerbewegung etwa die Ursache der Rechtsdrehung
ist, die entgegengesetzte Reihenfolge eine gleich starke Links
drehung bewirken muß.
Über einen experimentellen Beweis der Umkehrung des Drehungs-
vermögens hei der Vertauschung zweier Substituanten vgl. B. 47, 3181.
Tatsächlich enthalten alle optisch aktiven Sub
stanzen asymmetrische Kohlenstoffatome (oder ebensolche
Stickstoff-, Schwefel-, Zinnatome usw.).
Umgekehrt sind durchaus nicht alle Verbindungen optisch aktiv,
welche asymmetrische Kohlenstoffatome enthalten, erstens darum, weil
zwei in demselben Molekül enthaltene gleichwertige asymmetrische
Kohlenstoff atome sich in ihrer Wirkung gegenseitig kompensieren
können (Mesoweinsäure) und zweitens, weil in einer Verbindung, falls
ihre Moleküle aktiv sind, ebensoviele rechts- wie linksdreh ende Mole
küle vorhanden sein können, deren Wirkung sich also aufheben muß.
Nach neueren Arbeiten gibt es auch optisch aktive Sub
stanzen ohne as. C-Atom, so daß die optische Aktivität nicht von
der Gegenwart eines asymmetrischen Kohlenstoffatoms abhängig
ist, sondern im Enantiomorphismus der Molekularkonfiguration
begründet erscheint. Vgl. Perkin, Pope, Wallach, A. 371, 180.
Weiteres siehe bei „Weinsäure“ (Kap. X, D) und „Kohlenhydrate“
(Kap. XIV).