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keit der Atome, so daß wir uns z. B. das Indiumatom leicht als ein-, zwei-
oder dreiwertig vorstellen können. Aber es ist schwer zu verstehen, warum
das dreiwertige Indiumatom das beständigste von den dreien sein sollte, wie
der Versuch zeigt, und ferner, warum die Valenz in den meisten Fällen um
gerade und nicht um ungerade Zahlen springt.
Wenn die Stabilität des äußeren Ringes sehr groß wird, indem er
eine verhältnismäßig große Anzahl Elektronen umschließt, kann es möglich
werden, daß sich ein oder mehrere Elektronen an die Oberfläche des Atoms
anlegen, ohne in den Ring einzubrechen; in diesem Falle trägt das Atom eine
Ladung negativer Elektrizität und verhält sich wie ein negatives Ion. Je
nach der Anzahl negativer Elektronen an seiner Außenfläche wird es ein-,
zwei-, dreiwertig usw. sein.
Es scheint ziemlich schwierig, nach Thomsons Ableitungen zu er
klären, wie ein Atom sich bisweilen als negatives, in anderen Fällen als posi
tives Ion zeigen kann, was Berzelius vom Stickstoff und Faraday vom
Schwefel annahm. Es ist auch schwierig, die Ideen von Thomson so aus
zubilden, daß sie eine gute Darstellung eines solchen Verhaltens geben, wie
es Stickstoff im Salmiak NH 4 C1 aufweist, wo das Stickstoffatom vier positive
Atome (4H) und ein negatives Ion (CI) zu binden scheint.
Das Gewicht der Ionen wird sich von dem der entsprechenden Atome
nicht merklich unterscheiden können, denn wenn das Gewicht eines Elektrons
nur den siebzehnhundertsten Teil des Gewichtes eines Wasserstoffatoms be
trägt, so würde selbst das Wasserstoffatom durch Verlust eines Elektrons
nur um ein Siebzehnhundertstel an Gewicht verlieren. Alle anderen Atome
haben ein größeres Gewicht als das Wasserstoffatom, der Verlust eines
Elektrons würde sich also noch weniger bemerkbar machen.
Die Masseneinheit, die durch das Elektron dargestellt wird, ist viel
zu klein, verglichen mit der Masse der Atome, als daß Atomgewichtsbestim
mungen irgendwie eine Entscheidung bringen könnten, ob Lenards Modi
fikation der Proutschen Hypothese wahr ist oder nicht. Denn die Grenze
der höchsten bei Atomgewichtsbestimmungen erreichbaren Genauigkeit ist
weit entfernt von einem Siebzehnhundertstel der jetzigen Einheit, die dem
Atomgewicht des Wasserstoffs annähernd entspricht.
In einer Verbindung wie HCl besteht das Molekül aus einem Wasser
stoffatom, das ein Elektron verloren hat, und einem Chloratom, das ein
Elektron an seiner Außenfläche gewonnen hat. Daher ist das Gewicht eines
solchen Elektrolyten genau dasselbe, als ob er aus seinen beiden Bestand
teilen in Gestalt von Atomen bestände.
Mit Hilfe dieser Ideen über die Zusammensetzung der Materie versucht
Thomson auch eine Erklärung des Mendelej eff sehen Systems der Eie-