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des Wasserstoffspektrums, welche der ersten Nebenserie angehören, zeigen
eine Geschwindigkeit an, die um etwa 20 Prozent niedriger ist als die Berech
nung unter Annahme ergibt, daß die leuchtenden Partikelchen Wasserstoff
atome mit der positiven Einheitsladung sind. Die Verzögerung wird auf
Reibung gegen im Wege stehende Wasserstoffmoleküle zurückgeführt. Die
Doppellinien der Hauptserie und der zwei Nebenserien des Kaliumspektrums,
welche schon nach den vorwaltenden Regelmäßigkeiten in ihren Schwingungs
zahlen und nach ihrem Verhalten in bezug auf den Zeemann-Effekt in
Gegensatz zu Lenards Annahme als von gleichartigen Partikelchen ausge
sandt angenommen waren, entsprechen einwertigen positiven Kaliumatomen.
Die Quecksilberlinie 523,7 pp, eine Doppellinie, rührt von Quecksilberatomen
mit einfacher Ladung her, andere Quecksilberlinien aber, die in den beiden
Nebenserien des Quecksilberspektrums Vorkommen und die dreifach sind —
s. g. Triplets — entsprechen zweiwertigem Quecksilber, d. h. Atomen mit
zwei positiven Ladungen. Im allgemeinen scheinen Doppellinien mono
valenten, Triplets dagegen divalenten Atomen zu entsprechen. Im Spektrum
des Quecksilbers hat Stark einige Linien gefunden, die noch höher geladenen
Atomen zu entsprechen scheinen.
Die außerordentlich interessanten Untersuchungen, welche Ruther
ford und seine Mitarbeiter über die a-Strahlen ausgeführt haben, führen zum
Schluß, daß die a-Partikelchen, welche aus den radioaktiven Substanzen her
ausgeschleudert werden, aus Helium-Atomen bestehen, die mit zwei posi
tiven Einheitsladungen versehen sind. 1 ) Als Ausgangsmaterial der wich
tigsten radioaktiven Körper dient Uranium. In uraniumhaltigen Körpern
kommt pro Gramm Uranium 3,84 • 10' 7 Gramm Radium vor. Die Periode
der halben Umwandlung von Uran ist etwa 1900 Jahre. Danach müßte sich
pro Jahr aus einem Gramm Uranium 1,4 • 10' 10 Gramm Radium entwickeln.
Da 10‘ 12 Gramm Radium sicher nachweisbar sind, suchte man (Soddy,
Whetham, Boltwood u. a.) die zeitliche Umwandlung zu verfolgen, man
erhielt aber nur negative Resultate. Dies könnte nun so erklärt werden, daß
zwischen Uranium und Radium ein langsam zerfallendes Zwischenprodukt
fällt, welches die Umwandlung von Uranium in Radium stark verzögert.
Dieses Produkt fand Boltwood in einem Aktinium-Präparat aus Carnotit.
Aus diesem Präparat entwickelte sich allmählich Radium. Durch Behandlung
mit Natriumthiosulfat vermochte er die Radium erzeugende Substanz von
Aktinium zu trennen. Er nannte diese Substanz, welche in chemischen
Eigenschaften fast vollständig mit Thorium übereinstimmt, Ionium. Die
U Rutherford, Jahrb, der Radioactivität 4, 1, 1907. Rutherford und
Geiger, Proc. Roy Soc. A., 81, 141 und 162, 1908, Jahrb. f. Radioactivität 5,
408, 1908.