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Wenn die Moleküle bei ihrer Bewegung nicht aufeinander stießen,
so würden sie mit der molekularen Geschwindigkeit diffundieren. Wenn
z. B. Schwefelwasserstoff an dem einen Ende einer 400 m langen Röhre
entwickelt würde, müßte sein Geruch nach einer Sekunde am anderen
Ende der Röhre zu spüren sein. Die Erfahrung zeigt, daß dies durchaus
nicht der Fall ist, und wenn der Schwefelwasserstoff nicht durch einen
Gasstrom vom einen Ende zum anderen geführt wird, so wird es viele Jahre
dauern, ehe er 400 Meter vom Entstehungsorte entfernt zu riechen ist.
Das beruht auf den Kollisionen der H 2 S-Moleküle mit den Luftmolekülen
und die Zeit, nach deren Verlauf der 400 m entfernte Punkt erreicht wird,
wird um so länger sein, je größer die Zahl auftreffender Luftmoleküle ist.
Fig. 18. Geschwindigkeits-Verteilung nach Maxwell.
Wenn ein Gasstrom durch ein enges Rohr geblasen wird, so wird,
infolge der Reibung am Rohr, die äußerste Schicht der Gasmoleküle an
der Rohrwandung in Ruhe bleiben, und die Geschwindigkeit der Gas
bewegung wird gegen die Achse hin zunehmen. Aus den äußeren, langsam
bewegten Schichten diffundieren Moleküle in den mittleren, rasch be
wegten Teil der Gasmasse und verzögern seine Bewegung. Diese Erschei
nung nennt man innere Reibung oder Viskosität (Zähigkeit). Ihre Mes
sung gibt einen Anhalt, die Länge des mittleren freien Weges der Moleküle
abzuschätzen und folglich einen Begriff von ihrem Querschnitt zu erhalten.
Die dritte Methode, diese Größen zu messen, besteht in der Be
stimmung der Wärmeleitung in Gasen. Wir denken uns eine Gasmasse
in einem vertikalen Rohr, die am oberen Ende erhitzt wird. Dann er
halten die Moleküle am oberen Ende eine höhere Geschwindigkeit, als die
unteren besitzen. Die Diffusion treibt diese schnelleren Moleküle in die
tieferen Schichten und Zusammenstöße übertragen die erhöhte Geschwindig