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und BaS0 4 gebildet. Die Geschwindigkeit, mit der diese rückläufige
Reaktion vor sich geht, nimmt mit der Menge von entstandenem K 2 S0 4
zu, während gleichzeitig die Geschwindigkeit der Bildung von K 2 S0 4 und
BaC0 3 zurückgeht, in dem Maße, als die Menge der aufbauenden Stoffe
sich vermindert. Wenn eine bestimmte Konzentration an K 2 S0 4 erreicht
ist, gehen beide Prozesse im selben Verhältnis vor sich, so daß keine
Änderung mehr eintritt. Es ist das ein „equilibrium mobile,“ das van’t
Hoff durch die Formel darstellt:
K 2 C0 3 + BaS0 4 K 2 S0 4 + BaC0 3 .
Diese Reaktionen in heterogenen Systemen sind weit schwieriger
zu studieren, als solche in homogenen Systemen, denn ihre Geschwindig
keit, d. h. die in der Zeiteinheit umgesetzte Menge, hängt von vielen Um
ständen ab: Konvektionsströmen in der Flüssigkeit, dem Zustand des festen
Körpers, z. B. seiner Korngröße, der vorhergehenden Erhitzung, der er
etwa unterworfen gewesen ist u. a. m.; außerdem sind diese Reaktionen
im allgemeinen sehr langsam. Schon 1777 hatte Wenzel auf die Reak
tionsgeschwindigkeit aufmerksam gemacht, mit der ein Metall von einer
Säure gelöst wird. Er stellte die Hypothese auf, ohne daß er sie experi
mentell prüfte, daß die Geschwindigkeit der Reaktion der Konzentration
der Säure proportional ist. Berthollet hatte ähnliche theoretische An
schauungen, die Geschwindigkeit, mit der eine Reaktion vor sich geht, ist
nach ihm proportional der Menge, die zur Erreichung des Gleichgewichtes
noch umgesetzt werden muß.
Kurze Zeit vor den Untersuchungen Malagutis hatte schon Wil-
helmy 1 ) mit großer Genauigkeit die Umwandlungsgeschwindigkeit an einem
katalytischen Vorgang gemessen, nämlich an der Umwandlung von Rohr
zucker und Wasser in Dextrose und Lävulose, nach der Gleichung
C^H^Oü -f- H 2 0 = 2C 6 H 12 0 6 .
Der Rohrzucker hat die Eigenschaft, das polarisierte Licht nach rechts
zu drehen, während die Mischung von Dextrose und Lävulose nach links
dreht. Diese Änderung des Drehungswinkels war schon lange zur Be
stimmung des in einer Lösung enthaltenen Rohrzuckers benutzt worden, mit
Hilfe eines „Saccharimeters“ benannten Instrumentes. Wilhelmy benutzte
das Saccharimeter, um das Fortschreiten dieser Reaktion mit der Zeit zu
studieren (1850). Man kann den Prozeß bei hoher Temperatur durchführen,
indem man die Zuckerlösung erhitzt, über 100° ev. im Autoklaven, oder
U Vgl. Wilhelmy, Über das Gesetz etc., Ostwalds Klassiker No. 29,
Leipzig 1891.