Full text: Theorien der Chemie

von van’t Hoffs klassischer Arbeit geltend 1 ) und erhielt die mächtige Stütze 
des Meisters der kinetischen Theorie, Boltzmanns. * 2 ) van’t Hoff hat sich 
wie erwähnt dieser Meinung angeschlossen. Sie wird jedoch häufig an 
gegriffen. Nach dieser Annahme stoßen die Zuckermoleküle in einer ein 
prozentigen Lösung R (siehe Fig. 21) gegen die halbdurchlässige Wand MM, 
die beispielsweise aus Ferrocyankupfer in gebranntem Ton bestehen möge, 
und erzeugen dadurch einen Druck von 
22,14 
34,2 
•760 = 492 mm Hg bei 0° C. 
Dies weil das Molekulargewicht des Rohrzuckers 342 ist, also eine ein 
prozentige Lösung 1 Mol in 34,2 1 enthält. Bei 0° C übt ein Gas, das 1 Mol 
in 22,14 1 enthält, einen Druck von 760 mm aus, folglich auch eine Rohr 
zuckerlösung, welche 342 qm Rohrzucker in 22,14 1 enthält. Aus dem 
Boyleschen Gesetz, wonach der Druck der Konzentration proportional ist, 
folgt, daß eine einprozentige Zuckerlösung, welche also 10 Gramm in 11 ent 
hält, den oben angegeben osmotischen Druck von 492 mm Hg bei 0° C aus 
übt. Es stehe von Anfang das Wasser W bis zum Niveau OO sowohl im 
äußeren wie im inneren Gefäß der Figur, so ist der Druck (wenn man von 
dem geringen Unterschied in der Dichte der einprozentigen Lösung und des 
Wassers absieht) auf beiden Seiten der Membran MM gleich, die als äußerst 
dünn angenommen wird. Es übt also das Wasser einen 492 mm geringeren 
Druck auf die Unterseite von MM aus, als auf der Oberseite, wo es ja auch 
verdünnter ist. Dadurch wird es hindurchgetrieben, bis der Wasserdruck auf 
beiden Seiten von MM gleich ist. Es sei dabei die Steighöhe der Lösung im 
inneren Gefäß h mm über 00. Dann gleicht der Überdruck dem Druck der 
Rohrzuckermoleküle und auch den Druck einer Wassersäule von der Höhe h. 
h ist also gleich 492.13,6 = 6690 mm. 
Aber van’t Hoff zeigte auch, wie die Gesetze der anderen Erschei 
nungen mit dem osmotischen Drucke Zusammenhängen, und wie man ihn aus 
der Erniedrigung des Dampfdrucks und des Gefrierpunkts berechnen kann. 
Es sei 3 ) der Druck des Wasserdampfes bei 00 gleich p, der Dampfdruck der 
Lösung (bei h) gleich p—f, also die relative Dampfdruckerniedrigung f/p. 
Denken wir uns in der Figur 21 eine Glocke über das äußere Gefäß gestülpt 
und die Luft ausgepumpt, so daß nur Wasserdampf in der Glocke sich be 
findet. Dann muß der Dampfdruck p—f über der Lösung bei h genau gleich 
dem Dampfdruck außerhalb des Steigrohres auf derselben Höhe sein, sonst 
könnte nicht Gleichgewicht obwalten, sondern Wasser würde nach der einen 
!) Arrhenius, Zeitschr. f. phys. Ch. 1, 632, 1887. 
2 ) Boltzmann, Zeitschr. f. phys. Ch. 6, 474, 1890. 
3 ) Die Ableitung findet sich in meinem Aufsatz Zeitschr. f. phys. Ch. 3, 
113, 1889.
	        
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