Full text: Theorien der Chemie

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Für diese Bestimmungen, die für die Chemie von höchstem Interesse 
sind, hat Beckmann 1 ) besondere Formen von Apparaten konstruiert, die 
heute in jedem chemischen und physikalischen Laboratorium in Gebrauch 
sind. Durch Messung der Gefrier- und Siedepunkte sind viel mehr Mole 
kulargewichte bestimmt worden, als mit Hilfe der Dampfdichte-Methode. 
Alle bestätigen das van’t Hoffsche Gesetz, ausgenommen die Elektrolyte 
und die sogenannten festen Lösungen, auf die wir noch zu sprechen kommen. 
Wir können heute sagen, daß das van’t Hoffsche Gesetz sich als gültig er 
wiesen hat, wo es auch angewendet worden ist, und daß es das allgemeinste 
Gesetz der Materie ist, das wir kennen. 
Daß der Dampfdruck und der Gefrierpunkt innig mit dem osmotischen 
Druck Zusammenhängen, kann man sich mit Hilfe der Tatsache klar machen, 
daß ein Vakuum oder Eis als semipermeable Membran betrachtet werden 
kann. Denn wenn eine Lösung und das reine Lösungsmittel in zwei Becher 
gläsern nebeneinanderstehen, darüber der gesättigte Dampf, so wird das 
Lösungsmittel, das im allgemeinen einen höheren Dampfdruck als die Lösung 
besitzt, zu dieser hinüber destillieren. Wenn der gelöste Körper nicht 
flüchtig ist, so ist der Raum über den beiden Flüssigkeiten eine semiper 
meable Membran, durch die das Lösungsmittel hindurchgehen kann, nicht 
aber der gelöste Stoff. Wenn die gelöste Substanz flüchtig ist, so ist der 
Raum nicht vollkommen semipermeabel, genau wie nach den Versuchen 
Pfeifers die Ferrocyankupfer-Membran nicht vollständig impermeabel für 
das gelöste Kaliumnitrat ist. 
Ebenso wollen wir uns vorstellen, daß ein Gefäß reines Wasser und 
eine wässerige Lösung, vielleicht von Chlornatrium, durch eine Eiswand 
getrennt enthalte. Wir geben jetzt dem Gefäß eine konstante Temperatur, 
die zwischen dem Gefrierpunkt des Wassers und dem niedrigeren Gefrier 
punkt der Lösung liegt. Dann friert das Wasser an der einen Seite der 
Eiswand an, während es auf der anderen Seite abschmilzt, so daß Wasser 
in die Lösung diffundiert. Durch geeignete Wahl der Temperatur können 
wir diesen Prozeß so regulieren, daß an der einen Seite ebensoviel Eis 
abschmilzt, wie an der anderen aus dem Wasser nachgeliefert wird. Man 
kann daher sagen, daß das Eis wie eine semipermeable Membran wirkt, 
die das Wasser durchläßt, aber die gelöste Substanz (NaCl) zurückhält. 
Auch hier stoßen wir auf Fälle, in denen die feste Wand gefrorenen 
Lösungsmittels nicht völlig undurchlässig für den gelösten Stoff ist. Dies 
ist zu beobachten an Naphtalin als Lösungsmittel und ß-Naphtol als gelöstem 
Stoff, oder an Zinn als Lösungsmittel und Antimon als gelöstem Stoff, oder 
D Beckmann, Z. f. plivs. Ch. 2, 638, 1888.
	        
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