Full text: Theorien der Chemie

an Benzol als Lösungsmittel und Jod als gelöstem Stoff. Das feste Lösungs 
mittel enthält dann die gelöste Substanz in homogener Mischung und das 
ganze kann als eine Lösung des gelösten Stoffes in dem festen Lösungs 
mittel aufgefaßt werden. Von diesem Gesichtspunkte aus hat van’t Hoff 
diese Gemische, die er „feste Lösungen“ genannt hat, betrachtet, und die 
selben Gesetze wie für flüssige Lösungen für sie abgeleitet, so daß van’t 
Hoffs Gesetz des osmotischen Druckes sich auf diese Fälle des festen 
Zustandes der Materie erstreckt. 
Die einfachste Anwendung der Gasgesetze in diesem Fall bezieht sich 
auf den Nachweis, daß das Henry sehe Verteilungsgesetz dabei gültig ist. 
Dieses Gesetz, welches besagt, daß ein Gas sich zwischen einer Flüssigkeit 
und einem darüber befindlichen Gasraum so verteilt, daß seine Konzentration 
im Gasraum in einem konstanten Verhältnis — dem sogenannten Teilungs 
verhältnis zu seiner Konzentration in der flüssigen Phase steht, ist von 
van’t Hoff aus seinem Gesetz abgeleitet worden (1. c.). Auf Lösungen 
übertragen heißt dies, daß auch für zwei flüssige Phasen wie Äther und 
Wasser ein konstantes Teilungsverhältnis in bezug auf einen in beiden 
löslichen Körper besteht. Dies hatten Berthelot und Jungfleisch 1 ) schon 
1872 als in vielen Fällen richtig nachgewiesen, wie z. B. für die Verteilung 
von Bernsteinsäure zwischen Äther und Wasser, wie die nachfolgende 
Tabelle zeigt, worin Ci die Konzentration der Bernsteinsäure im Äther, c 2 
diejenige im Wasser bedeutet (die Konzentrationen sind wie im folgenden 
Beispiel im g pro 100 cc. angegeben). 
Ci 
0,24 
0,70 
1,21 
c 2 
0,046 
0,13 
0,22 
C l* C 2 
5,2 
5,2 
5,4 
Dies gilt nur, 
solange die Moleküle 
in den beiden Lösungsmitteln 
derselben Art sind. 
Benzoesäure z. B. 
löst sich in 
Wasser in Form 
hauptsächlich einfachen Molekülen, in Benzol dagegen besteht es haupt 
sächlich aus Doppelmolekülen, wie aus Gefrierpunktsbestimmungen her 
vorgeht. In solchen Fällen kann man das Guldberg-Waagesche Gesetz 
anwenden. Sei also C* die Konzentration der Benzoesäure im Wasser, c 2 ihre 
Konzentration im damit in Berührung stehendem Benzol, so ist, nachdem aus 
zwei in Wasser gelösten Molekülen ein in Benzol gelöstes entsteht, 
c 2 = Kcx 2 . 
(Eigentlich gilt dies für die im Benzol gelösten doppelten und wenigen 
einfachen Moleküle, welche nach dem Henry sehen Gesetz mit den einfachen 
x ) Berthelot u. Jungfleisch, Ann. d. ch. et d. phys. (4), 26, 396, 1872. 
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