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zwischen 99,2 und 100 Proz. NaN0 3 . Die Zwischenglieder fehlen. Wenn
wie in diesem Falle die Endglieder verschiedene Krystallform besitzen,
spricht man von Isodimorphie und nimmt an, daß z. B. im Mischkristall mit
52,5 Proz. NaN0 3 ein sonst unbekanntes hexagonales NaN0 3 eingeht.
Diese Fragen sind eingehend von Retgers studiert. 1 ) Das van’t Hoffsche
Gesetz gilt auch für kristallinische Flüssigkeiten. * 2 )
Eine treffliche Monographie der festen Lösungen ist von G. Br uni 3 )
geschrieben.
Wenn der gelöste Stoff eine meßbare Dampfspannung hat, so ist
die totale Dampfspannung der Lösung größer als sie sein würde, wenn
der Dampfdruck der gelösten Substanz unmerklich klein wäre. Wir messen
die totale Dampfspannung, die beobachtete Dampfdruckerniedrigung ist
daher kleiner, als sie sich aus dem Raoultsehen Gesetz berechnet. Wenn
der gelöste Stoff eine im Vergleich mit dem Lösungsmittel hohe Dampf
spannung hat, wie z. B. Alkohol, in Wasser gelöst, so kann es Vorkommen,
daß eine Zunahme des Dampfdrucks statt einer Abnahme beobachtet wird.
Die entsprechende Erscheinung beim Gefrieren einer Lösung ist die,
daß ein Teil des gelösten Stoffes in fester Lösung mit ausfriert. Die
beobachtete Gefrierpunkts-Erniedrigung ist dann kleiner als das van’t
Hoffsche Gesetz verlangt, und manchmal kommt es vor, daß der
Schmelzpunkt steigt, statt zu sinken.
Diese anscheinenden Ausnahmen von den Gesetzen von van’t
Hoff und Raoult sind also leicht zu erklären, haben aber wenig Be
deutung, verglichen mit den Abweichungen, die die Elektrolyte — Salze,
starke Säuren und Basen — aufweisen. Sie alle geben eine größere Ge
frierpunkts-Erniedrigung als sich nach dem van’t Hoffschen Gesetz be
rechnet. Weder die Annahme der Bildung von festen Lösungen, noch die
Annahme, daß die Moleküle sich in der Lösung zu Komplexen zusammen
lagern, vermag eine Erklärung zu geben, denn in beiden Fällen müßte
die beobachtete Gefrierpunkts-Erniedrigung kleiner als die berechnete sein.
Aus dem Avogadroschen Gesetz, das nach der kinetischen
Theorie darauf beruht, daß alle Gasmoleküle bei einer gegebenen Tem
peratur zufolge von Zusammenstößen die gleiche mittlere lebendige Kraft,
unabhängig von ihrer Zusammensetzung besitzen, wird man konsequenter
x ) J. W. Retgers, Zeitschr. f. phys. Ch. 3, 497, 4, 593, 1889, 5, 436, 6 ,
193, 1890, 8 , 6, 1891, 9, 267 u. 385, 10, 529, 1892, 12, 583, 1893, 14, 1, 15, 529, 1894.
2 ) Schenck und Schneider, Zeitschr. f. phys. Ch. 29, 546, 1899.
3 ) Giuseppe Bruni, Über feste Lösungen Ahrens’ Sammlung che
mischer Vorträge, Band 6, No. 12, 1901, Feste Lösungen und Isomorphismus.
Leipzig, Akad. Verlagsgesellsch. 1908.