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Diesen Fall habe ich näher untersucht, weil er für die physiologische
Chemie von Interesse ist. 1 ) Dabei bildet sich Ammoniumazetat, das stark
dissoziiert ist und dadurch, zufolge des Massenwirkungsgesetzes, auf die
Anzahl der wirksamen OH-Ionen erniedrigend einwirkt, so daß ihre Zahl nach
einer kurzen Weile der Menge (a—x) des nichtumgesetzten NH 3 proportional,
der Menge x des NH 4 -Salzes (das fast völlig in seine Ionen zerlegt ist) um
gekehrt proportional ist. Sei das Äthylazetat in solchem Überschuß vor
handen, daß seine Menge als während der Reaktion konstant, A, angesehen
werden kann, so wird: dx a _ x
-jt= K • A
dt x
oder gelöst:
a (ln a — ln (a — x)) — x = KAt.
Betrachtet man ein nicht allzu großes Intervall im Anfang der
Reaktion, wo (a—x) sich nicht stark ändert, so erhält man die folgende
Lösung dieser Differentialgleichung:
X = j/K • At
oder die umgesetzte Menge ist der Quadratwurzel aus der vorhandenen
Estermenge und der Zeit proportional. Diese Beziehung wurde für den
genannten Fall durch meine Versuche bestätigt. Sie trifft für viele Fälle
in der physiologischen Chemie, so z. B. für die Verdauung der Eiweiß
stoffe durch Pepsin oder Trypsin sowie für viele Spaltungen der Fette durch
Lipasen (z. B. des Magen- oder Pankreassafts) zu. Nach ihrem Entdecker
Emil Schütz * 2 ) wird sie die Schützsche Regel genannt. Ihre Gültig
keit deutet an, daß einer von den reagierenden Körpern mit einem der
Zersetzungsprodukte sich umsetzt, so daß die freie Menge des reagieren
den Körpers der Menge der Umsatzprodukte umgekehrt proportional ge
setzt werden kann.
Es sind vielfach Versuche gemacht worden, um die Natur des
Zwischenproduktes bei der Wirkung der Wasserstoffionen bei katalytischen
Prozessen zu ermitteln. H. Goldschmidt und seine Schüler fanden daß,
bei der Esterbildung einer Säure wie Ameisensäure, Essigsäure, Benzoe
säure usw. mit einem Alkohol in Anwesenheit einer beschleunigenden
Säure, wie HCl, die Reaktionsgeschwindigkeit bei Zusatz von geringen
Wassermengen stark abnimmt. Goldschmidt 3 ) stellte die Hypothese auf
U Arrhenius, Medd. des Nobelinstituts, 1, No. 9, 1908.
2 ) Emil Schütz, Zeitschr. f. physiologische Chemie, 7, 511, 1885. Vgl.
Arrhenius, Immunochemie, S. 43—52, 79—84.
3 ) H. Goldschmidt, Zeitschr. f. physikalische Chemie 60, 728, 1907.
Zeitschr. f. Elektrochemie 15, 5, 1909.