5
bohren müssen. Wenn die Ansicht des Ingenieurs nicht ganz korrekt war,
so werden die Richtungen, die er angegeben hat, sich in der Mitte des
Berges nicht genau treffen, sondern die Achse des einen Bohrlochs wird
einige Meter von der des anderen entfernt liegen. Dafür müssen hinterher
kleine Korrektionen angebracht werden, indem man am Treffpunkt das
Bohrloch erweitert.
Ebenso mögen die theoretischen Betrachtungen den wissenschaft
lichen Arbeiter etwas abseits führen, sie müssen dann ein wenig korrigiert
und verbessert werden. Aber mit Hilfe seiner quantitativen Messungen
findet er das Naturgesetz, das die beiden zu prüfenden Faktoren verbindet.
Um seine Theorie aufzubauen, muß der Forscher meistens zunächst eine
Reihe vorläufiger Messungen anstellen, um eine leitende Hypothese zu ge
winnen.
Aus dem, was wir gesagt haben, wird der außerordentliche Wert von
Theorien klar hervorgehen. Aber man soll Theorien immer nur als ein
Hilfsmittel betrachten, als ein Instrument, oder Werkzeug. Viele, denen
die theoretische Arbeit nicht geläufig ist, geben der Meinung Ausdruck,
daß eine Theorie den Charakter einer absoluten Wahrheit und Gewißheit
haben müßte. Sie sprechen z. B. der Emissionstheorie des Lichtes den
Wert ab, weil sie von der Schwingungstheorie des Lichtes abgelöst wmrden
ist, und da sie hören, daß auch diese Theorie gestürzt ist und durch die
elektromagnetische Lichttheorie ersetzt ist, so schütteln sie ihr Haupt und
vertrauen uns an, daß sie es für besser hielten, die Zeit für die Ausarbeitung
von Theorien zu sparen, und sie statt dessen für Versuche zu verwenden.
Solche Leute wissen die fruchtbare Anwendung, die Newton der Emissions
theorie gab, nicht ihrem Werte nach zu schätzen, und ebensowenig die
wunderbare Entwicklung, zu der die Undulationstheorie der Optik verhalf.
Die Ansicht dieser Leute ist ebenso begründet wie die eines Handwerkers,
der sein Werkzeug wegwirft, weil doch früher oder später verfeinerte Ma
schinen an die Stelle treten werden.
Wir hören auch recht oft die Ansicht, daß eine Theorie wenig oder
keinen Wert hat, weil es möglich sein könnte, eine andere Theorie auf
andrer Grundlage auszuarbeiten. Das ist gerade so gescheit, wie wenn man
ein Instrument, das man besitzt, wegwerfen wollte, weil es vielleicht
möglich sein könnte, ein besseres Instrument aus andrem Material zu bauen,
ohne zu warten, bis es da ist und schneller oder besser arbeitet als das alte.
Wir haben den alten Vergleich zwischen einer Theorie und einem
Instrument oder Werkzeug gezogen, wir könnten nun fragen: als was kann
man sich eine Hypothese nach dieser Analogie vorstellen? Eine Hypothese
kann mit einem Instrument verglichen werden, dessen Name auf die charak