Full text: Theorien der Chemie

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und erhärtete sie durch Versuche, daß der Alkohol — z. B. Äthylalkohol — 
mit dem H-Ion ein Komplex-ion — z. B. C 2 H 5 OH • H — durch Addition 
bildet, und daß dies Ion durch Zusatz von Wasser zerstört wird, wobei 
ein Gleichgewicht stattfindet nach der Gleichung: 
C 2 H 5 OH • H + H 2 0*Z^ H 2 0 • H + C 2 H 5 OH. 
Das Komplexion C 2 H 5 OH-H reagiert mit der Säure. Ähnliche Verhältnisse 
hat Fraenkel (1. c.) bei dem Zerfall des Äthyldiazoazetats gefunden, Gold 
schmidt und Acree 1 ), bei dem Alkylierungsprozeß, Lap worth * 2 ) bei der 
Bromierung von Ketonen, der Umwandlung von Hydrazobenzol in Ben 
zidin und Kailan 3 ) beim Esterifizierungsprozeß gefunden. 
Eine sehr interessante Anwendung der elektrolytischen Dissoziations- 
Theorie, verdankt man Nernst 4 ), nämlich die Berechnung der Diffusions- 
Geschwindigkeit. Nach van’t Hoffs Anschauungen beruht die Diffusion 
auf den Unterschieden des osmotischen Druckes der Ionen in Lösungen 
verschiedener Konzentration. Wenn wir die Reibung kennen, die die Ionen 
bei der Bewegung im umgebenden Wasser erleiden, müssen wir also die 
Diffusionskoeffizienten berechnen können, da uns die Theorie van’t Hoffs 
und die elektrolytische Dissoziationstheorie die Gesetze des osmotischen 
Druckes in Salzlösungen übersehen lassen. Aus elektrischen Messungen, 
von Kohlrausch und anderen, die die Leitfähigkeit von Lösungen be 
stimmten, kennen wir nun die Geschwindigkeit, mit der sich die Ionen 
unter dem Einfluß bekannter elektrischer Kräfte bewegen, und aus diesen 
Versuchen berechnete schon Kohlrausch die Reibung der Ionen im 
Wasser bei verschiedenen Temperaturen. 
Nernst brauchte nur den Quotienten zu bilden aus dem osmo 
tischen Druck und der Summe der Reibungen der beiden Ionen des be 
treffenden Salzes, so erhielt er den Diffusionskoeffizienten dieses Salzes 
bei äußerster Verdünnung. Die experimentellen Bestimmungen der Dif- 
fusionskoeffizienten beziehen sich nicht auf so stark verdünnte Lösungen, 
so daß eine gewisse Differenz zwischen den beobachteten und berech 
neten Werten vorhanden ist; die berechneten sind im allgemeinen etwas 
höher. So z. B. sind die beobachteten und berechneten Werte bei 18° C 
für HCl 2,30 und 2,43, KOH 1,85 und 2,07, NaCl 1,08 und 1,17, LiCl 0,99 
und 0,99. Die Übereinstimmung ist so gut wie man erwarten kann, und es 
4 )Acree, Journ. Am. Chem. Soc. 1907 und 1908, Goldschmidt, 
Zeitschr. f. Elektroch. 14, 581, 1908, 15, 10, 1909. 
2 ) Lapworth, Journ. Chem. Soc. 93, 2187, 1908. 
3 ) Kailan, Monatshefte für Chemie, 27, 503,1906, 28, 571 und 1163, 1907, 
29, 799, 1908. Ztschr. f. Elektrochemie 15, 106, 1909. 
4 ) Nernst, Ztschr. f. physikal. Chemie 2, 613, 1888.
	        
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