Aufklärung über das eigentümliche Verhalten der stark dissoziierten
Elektrolyte.
In einigen anderen Fällen hat wiederum eine genauere Untersuchung
gezeigt, daß die angeblichen Abweichungen von der Theorie, die frühere
Beobachter gefunden hatten, einer genügenden Grundlage entbehrten. Z. B.
hatte Wakeman 1 ) aus seinen Messungen den Schluß gezogen, daß ver
schiedene schwache Säuren in Lösungen, die Wasser und Äthylalkohol ent
halten, dem Verdünnungsgesetz nicht gehorchen, das Ostwald auf gestellt
und für die betreffenden wässrigen Lösungen bestätigt gefunden hat. Die
neuen Messungen von Godlewski 2 ) haben gezeigt, daß Wakemans
Messungen nicht richtig sind, und daß Ostwalds Gesetz auch hier gilt.
Es ist wohl zu hoffen, daß noch übrige Schwierigkeiten durch eingehendere
Untersuchungen aus dem Wege geräumt werden können.
Obwohl die einfachen Gasgesetze auf stark dissoziierte Elektrolyte
im allgemeinen nicht anwendbar sind, so hat doch die Erfahrung einige
empirische Regeln geliefert, die mit Erfolg solange angewendet werden
können, bis die theoretischen Grundlagen aufgeklärt sind.
Eine solche Regel ist von Rudolphi 3 ) und van’t Hoff 4 ) gegeben
worden, um die Dissoziation starker Elektrolyte zu berechnen. In der
Gleichung
(Konz XA) — Konst. (KonzX) 2 , (vgl. S. 194)
die von den Gasgesetzen gefordert wird, wenn Gleichgewicht zwischen den
undissozierten Molekülen XA und ihren in gleicher Konzentration an-
+ — »
wesenden Ionen X und A besteht, ersetzte van’t Hoff die Potenz 2 durch
die Potenz 1,5, und fand eine ziemlich gute Übereinstimmung zwischen
der Gleichung und den experimentellen Befunden. Das zeigt sich z. B.
in nachstehenden Zahlen, die für Silbernitrat bei 25 0 C gelten. M v ist die
molekulare Leitfähigkeit (gleich der spezifischen Leitfähigkeit, dividert
durch die Konzentration), bei der Verdünnung von v Liter per Gramm-
Molekül Ag N0 3 • a ist der dissoziierte Anteil (gleich —K ist der Wert
der Konstanten in der Gleichung Ä^K^
Die verschiedenen Werte von K liegen sehr nahe bei dem Mittel
wert 1,03, die Gleichung bewährt sich also.
U Wakeman, Z. f. phys. Ch. 11, 49, 1893.
2 ) Godlewski, Anz. Akad. Wiss. Krakau 1904, 239.
3 ) Rudolphi, Z. f. phys. Ch. 17, 385, 1895.
4 ) vant Hoff, Z. f. phys. Ch. 18, 300, 1895.