Full text: Theorien der Chemie

216 
Unter D steht der Quotient U: n t n 2 . Wie ersichtlich ist dieser bei einer 
gegebenen Temperatur fast konstant. Diese Regel ist von Noyes ge 
geben, unter Abänderung eines älteren Satzes von Ostwald. 1 ) 
Wie aus dieser Tabelle ersichtlich, sinkt der Dissoziationsgrad stark 
bei zunehmender Temperatur. Dies gilt auch für die meisten schwach 
dissoziierten Elektrolyte bei höheren Temperaturen. Bei gewöhnlicher Tem 
peratur (20°) weichen jedoch viele von dieser Regel ab, wie Essigsäure 
und Bernsteinsäure, sowie sehr schwache Säuren, wie Phenol und Cyan 
wasserstoff, Zuckerarten usw., deren Neutralisationswärmen geringer als 
die Dissoziationswärme des Wassers ausfallen (vgl. S. 197). Auch die 
Dissoziation des Wassers geht nach Noyes durch ein Maximum bei etwa 
260° C (vgl. S. 199), so daß oberhalb dieser Temperatur seine Dissoziations 
wärme negativ sein sollte. Die Abnahme der Dissoziation der meisten in Wasser 
gelösten Körper wird von Noyes in Zusammenhang mit einer von Sir 
J. J. Thomson 2 ) und Nernst 3 ) gegebenen, theoretisch abgeleiteten Regel ge 
bracht, wonach die elektrolytische Dissoziation mit der Dielektrizitätskon 
stante zunimmt. Die Dielektrizitätskonstante des Wassers nimmt bei steigen 
der Temperatur ab, etwa im Verhältnis 1,4 zu 1 zwischen 18° C und 100° C. 4 ) 
Die Beweglichkeit der verschiedenen Ionen nimmt mit steigender Tempe 
ratur zu, und zwar bei den einwertigen so, daß je geringer sie sind, um so 
stärker die Zunahme ist. Deshalb nähern sich die Leitfähigkeiten der ent 
sprechenden Elektrolyte bei steigender Temperatur einander. Chlorwasser 
stoff, das in sehr verdünnter Lösung bei 18° C 2,91 mal besser leitet als 
KCl besitzt bei 306° C nur 1,27 mal so große Leitfähigkeit wie dieses Salz. 
Für Natriumhydrat sind die entsprechenden Ziffern bei 18° C 1,67, bei 218° C 
1,29, für Natriumchlorid bei 18° C 0,84, bei 306° C 0,96, für Natriumazetat 
bei 18° C 0,60, bei 306° C 0,82. Die zweiwertigen Ionen nehmen stärker an 
Beweglichkeit zu als die einwertigen und Noyes vermutet, daß sie bei sehr 
hohen Temperaturen doppelt so schnell wandern wie die einwertigen, weil sie 
gleiche Reibung, aber doppelte Ladung, also doppelte Treibkraft, wie die 
einwertigen Ionen bei hoher Temperatur besitzen. Für das Sulphation 
in K 2 S0 4 scheint dies schon bei 300° der Fall zu sein. Bei dem Ba-Ion 
in Ba (N0 3 ) 2 trifft dies noch nicht bei 306° zu. 
Wenn die Lösungen zweier schwacher Säuren HA und HA 4 gemischt 
werden, die dieselbe Anzahl Ionen im cm 3 enthalten (man nennt solche 
x ) Ostwald, Zeitschr. f. phvs. Cli. 1, 74 und 97, 1887. Waiden, Zeitschr. 
f. phys. Ch 1, 529, 1887, 2, 79, 1888, 8, 775, 1891. 
2 ) J. J. Thomson, Phil. Magazine (5) 36, 320, 1893. 
3 ) W. Nernst, Ztschr. f. phys. Chemie 13, 531, 1894. 
4 ) Drude, Wied. Ann. d. Ph. und Ch. (3) 59, 50, 1896.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.