Full text: Theorien der Chemie

39 
handen zu sein, wenigstens nicht in irgend erheblichem Umfang. In der 
anorganischen Natur scheinen Moleküle, die sich aus einer sehr großen 
Anzahl Atome aufbauen, nicht beständig zu sein. 
4. Kapitel: Diskussion der Gültigkeit des Daltonschen Gesetzes. 
Wir haben schon bei mehreren Gelegenheiten darauf hingewiesen, wie 
die Existenz von vielen Atomarten und ihr Vorkommen in Verbindungen 
nach bestimmten Verhältnissen, das Besondere und von allen physikalischen 
Verhältnissen Abweichende der Chemie ausmacht. Es erscheint viel natür 
licher, nur eine ursprüngliche Stoffart als vorhanden anzunehmen, und man 
könnte vermuten, daß dieser Urstoff der Lichtäther sei, der den ganzen 
Raum samt den Intervallen zwischen den materiellen Molekülen ausfüllt. 
Das Bestreben ist immer von neuem hervorgetreten, eine Vorstellung von 
der Umwandlung des Äthers in Materie und umgekehrt zu gewinnen. Nach 
dieser Ansicht muß das, was wir Materie nennen, ein Teil des Äthers sein, 
der sich irgendwie von dem gewöhnlichen, unwägbaren, den Raum er 
füllenden Äther unterscheidet. Die einfachste Annahme scheint zu sein, 
daß der Unterschied in dem Bewegungszustand besteht. Nun lehrt die 
Hydrodynamik, daß in einer reibungslosen Flüssigkeit Wirbel existieren 
können und daß diese Wirbel vollständig unzerstörbar sind. Die Vorstellung 
solcher unzerstörbaren Wirbel bietet einige Analogie mit der Idee unzerstör 
barer Atome, die wir uns auf Grund unserer chemischen Erfahrungen ge 
bildet haben. Mathematische Physiker haben sich auch bemüht, andere 
Eigenschaften von Wirbeln aufzufinden, die mit den experimentell bekannten 
Eigenschaften der Atome übereinstimmen, und diese Arbeit ist teilweise 
von Erfolg gekrönt worden. Aber die große Schwierigkeit, diese Hypothese 
zu handhaben, steht im schroffen Gegensatz zu der Einfachheit, die die Ab 
leitungen aus der Atomtheorie auszeichnet. Da aber eine Theorie desto 
besser ist, je leichter sie zu behandeln ist, ebenso wie ein Werkzeug, so ist 
die Vorstellung, daß die Materie aus Ätherwirbeln besteht, von den Chemikern 
nicht viel aufgenommen worden. So viel ich weiß, hat diese Idee zu der 
Entdeckung keiner neuen Erscheinung und keines neuen Gesetzes geführt. 
Dazu kommt, daß es schwer ist, sich etwas derartiges, wie eine reibungs 
lose Flüssigkeit, vorzustellen, da alle Flüssigkeiten, mit denen wir zu tun 
haben, durch ihre Reibung charakterisiert sind. Ferner können die Wirbel 
in einer reibungslosen Flüssigkeit ebensowenig erzeugt werden, wie es 
unmöglich ist, sie zu vernichten. Sie müßten seit Ewigkeit bestanden haben 
und wären von dem gewöhnlichen Äther in derselben Art verschieden, wie
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.